Fleisch-Snack vom Kap: Biltong gibt es jetzt „made in Germany“

Hannover (dpa) - Deutschland ist um eine Delikatesse reicher. Mit Biltong „made in Germany“ kommt Südafrikas populärer Trockenfleisch-Snack auf den Markt. Seit der vergangenen Fußball-Weltmeisterschaft wurde dieser über die Grenzen hinaus bekannt.

Fritz Beindorff hat endlich gefunden, wonach er als bekennender Südafrika-Fan lange suchte. „Sensationell“, schwärmt er. In Hannovers Markthalle schiebt er sich genüsslich ein hauchdünnes Stück Trockenfleisch in den Mund. Es ist „Biltong“, der jüngste Neuzugang auf Deutschlands kulinarischer Feinkostkarte. Seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 wurde Südafrikas herzhafter Snack in der Welt hinaus bekannt. Zu Hause probieren konnten ihn dagegen nur wenige Europäer. Denn strenge EU-Beschränkungen erschweren Fleischimporte. Doch nun kommt Biltong „made in Germany“.

Auch wenn er noch Exoten-Status hat: Zwischen Pfalz und Allgäu nimmt die Zahl der Biltong-Anbieter langsam zu. Der neueste Produzent kommt aus Hannover. „Ich habe vor sechs Monaten mit kleinen Mengen angefangen und komme angesichts der Nachfrage kaum noch mit der Herstellung nach“, sagt Deon Yon. Der mit einer Deutschen verheiratete Südafrikaner war gerade in Kapstadt, um eine automatische Schneidevorrichtung für sein Biltong zu kaufen.

Vor allem Kenner sind scharf auf Biltong: Sie waren schon in Südafrika oder Namibia und lernten die fettarme Knabberei dort schätzen. Südafrikas herzhafter Snack ist allerdings nichts für Vegetarier: Aus luftgetrocknetem Rind-, Straußen- oder Wildfleisch geschnitten, werden die Snacks in diversen Gewürzvarianten serviert.

„Erfunden“ haben Biltong die Buren, frühe europäische Siedler im südlichen Afrika. Auf ihren langen Trecks mit dem Ochsenkarren konservierten sie ihr Fleisch durch mehrtägige Lufttrocknung und das Einreiben mit Salz, Pfeffer, Gewürzen und Essig für viele Monate. Der Name ist nach Branchenangaben abgeleitet aus den holländischen Begriffen für Hinterteil (bil) und Streifen (tong). Als lange haltbarer, proteinreicher Proviant wird es auch von Sportlern oder Wanderern geschätzt. Auch als Bestandteil von Muffins, Brot, Eintöpfen und selbst in Eis macht Biltong Karriere.

Die bis zu zwei Zentimeter breiten Streifen sehen ein wenig aus wie Fleisch-Chips - und wirken für Europäer auf den ersten Blick befremdlich. „Ein Kunde, der Biltong nicht kannte, verglich es sogar mal mit Hundefutter“, berichtet Deon Yon - und die Empörung ist ihm ins Gesicht geschrieben. „Optik und Geruch täuschen - was geschmacklich auf der Zunge zergeht, ist wirklich vom Feinsten“, gibt eine Marktbesucherin zu, die gerade ihr erstes Biltong-Stück gekostet hat. „Ein wenig wie Bündner Fleisch, nur besser“, meint sie kauend.

Immer wieder gab es in einschlägigen Internet-Foren Nachfragen deutscher Urlauber, die in ihrer Heimat Biltong kaufen wollten. Das Problem aber war der Fleischimport. „Ohne spezielle Bescheinigung darf es in die EU nicht eingeführt werden“, sagt Hans-Werner Vischer vom Hauptzollamt Hannover. Und die nötigen Dokumente, Stempel und Bestätigungen sind nicht nur mit viel Aufwand, sondern auch mit Kosten verbunden. Von Südafrika-Touristen im afrikanischen Duty-free-Laden gekauftes Fleisch würde daher bei der Einreise konfisziert. Kein Wunder, dass Biltong als „Delikatesse für Kenner“ bei Importeuren wie Sans Lahnstein aus Boppard auch preislich auf Spitzenniveau bewegen.

„Es ist eben eine sehr aufwendige Produktion - für ein Kilogramm Biltong brauche ich 2,5 Kilo Rindfleisch“, sagte der Geschäftsführer vom Großhändler „Safari Biltong“. Er hat eine EU-Lizenz und verarbeitet jährlich etwa acht Tonnen Rindfleisch. Die Exporte gehen in die Schweiz, nach Österreich und zunehmend auch nach Schweden. Seine Wildfleisch-Importe aus Südafrika sind teuer und wurden zuletzt durch den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche behindert. Kein Wunder, dass ein 80-Gramm-Päckchen mit Knusperflocken aus importiertem Zebrafleisch in Hannover schon mal 10 Euro kostet.

Bei Yons selbstgemachtem Rindfleisch-Biltong sind es immerhin noch sechs Euro für 90 Gramm. „Ich will es exklusiv halten. Es ist für mich nur eine Art Liebhaberei, die auf eine große Marktlücke trifft“, meint er.

Von einem flächendeckenden Trend rund um die Delikatesse vom Kap spürt allerdings auch das deutsche Fleischerhandwerk noch nichts. Einen Überblick, wie viele Betriebe solche Produkte herstellen, hat Branchenverbandsprecher Gero Jentzsch daher nicht. Er sieht Biltong eher noch in der Exoten-Nische: „Trockenfleisch hat bei uns allgemein nicht so eine Tradition wie in seinen Ursprungsländern. Bei Snacks auf Fleischbasis greift man bei uns eher zu Rohwurst-Produkten.“

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