Ganzheitliche Medizin: Was hilft bei Depressionen?

Die ganzheitliche Medizin setzt nicht nur auf Antidepressiva, sondern auch auf begleitende Therapien.

Herdecke. Das Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke steht für die ganzheitliche Medizin nach den anthroposophischen Prinzipien Rudolf Steiners. In einer Zeit, in der sich Pillendosen und Tropfen-Flaschen in der Hausapotheke stapeln, entscheiden sich viele Menschen ganz bewusst für die Naturheilkunde als Alternative. Aber, was kann die Anthroposophie dazu beitragen, um eine psychische Erkrankung wie die Depression zu heilen? Gibt es Alternativen zur Einnahme von Antidepressiva? "Viele Patienten kommen von weit her nach Herdecke mit der Hoffnung, dass es bei uns ohne Psychopharmaka geht", berichtet Wolfgang Marder aus dem Klinikalltag. Vor allem bei schweren Depressionen muss der leitende Psychiater seine Patienten enttäuschen: "Oft kann man erst durch die Verabreichung von Psychopharmaka eine Beziehung zum Patienten herstellen". Ist die akute Phase überstanden, bietet die Anthroposophische Medizin medikamentöse Alternativen. "Der Bereich, in dem man etwas anderes tun kann, ist größer als bei der Schulmedizin", so der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Nicht zuletzt die Erwartung, dass es schnell gehen muss mit der Heilung, lässt jedoch auch anthroposophisch orientierte Ärzte häufiger zu Antidepressiva greifen. Während Patienten früher mindestens für sechs bis acht Wochen in der stationären Psychiatrie aufgenommen wurden, liegen die Kostenzusagen der Krankenkassen mittlerweile weit darunter. Und dennoch gibt es nach wie vor Unterschiede in den Behandlungsmethoden zwischen anthroposophischer Medizin und Schulmedizin. Die Anthroposophie setzt in besonderem Maße darauf, die Symptome nicht durch massive und langfristige Gaben von Psychopharmaka zu unterdrücken. Durch eine Kombination mit anderen Heilmitteln und Heilanwendungen kann die Dosierung meist niedriger gehalten werden als üblich.

In Herdecke setzt man auf die nahe Beziehung zum Patienten

In Herdecke setzt man unter anderem mit Organeinreibungen, Kunsttherapie und Heileurythmie auf die klassische Anthroposophie Rudolf Steiners. Mit guten Erfolgen, wie Wolfgang Marder sagt: "In der nahen Beziehung zum Patienten kommt vieles in Bewegung. Der Therapeut ist mehr Künstler als Handwerker". Was damit genau gemeint ist, erklärt sich am ehesten durch den therapeutischen Ansatz der anthroposophischen Medizin. Und darin liegt wohl auch das Geheimnis verborgen, das sie für viele Menschen zu einer wirklichen Alternative werden lässt. Googelt man sich als Betroffener durch schulmedizinische Erklärungsansätze, findet man nicht nur bei der so genannten endogenen, sondern oft auch bei der reaktiven Depression, die Definition, dass es sich um eine schwere psychische Störung handelt. Beide Arten unterscheiden sich durch ihre Ursache: Ist die reaktive Depression auf äußere Einflüsse wie Trauer zurückzuführen, werden die Gründe für endogene Depressionen eher im Entgleiten des Hirnstoffwechsels gesucht. Noch immer sind psychische Erkrankungen mit einem Makel behaftet. Hier leistet die Anthroposophie Aufklärung, indem sie den Menschen in vorübergehenden seelischen Krisen anders begleitet. "Die Depression ist nicht nur eine Störung, sondern auch der Weckruf zu einer Heilung", so Marder.

Anthroposophische Medizin

Ganzheitsmedizin: Immer mehr Menschen in Deutschland leiden an einer Depression. So ist allein in der Zeit von 2000 bis 2005 die Zahl der Fehltage aufgrund einer psychischen Erkrankung um mehr als 20 Prozent angestiegen, zeigt der Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse 2006. Häufig wird eine Depression sehr spät erkannt. Im Schnitt dauert es sieben Jahre, bis die Betroffenen angemessen behandelt werden. Konzept: Das ganzheitliche Behandlungskonzept wird unter anderem in Kooperation mit dem Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke umgesetzt. Anthroposophisch und ganzheitlich ausgerichtete Haus- und Fachärzte bilden gemeinsam mit der Klinik ein Netzwerk, in dem der Patient im Mittelpunkt steht. Die Behandlung umfasst Einzel- und Gruppentherapien, Atem- und Bewegungstherapien sowie Angebote, die kreative Ausdrucksmöglichkeiten wie Malen und Heileurythmie einbeziehen. Neben der klassischen medikamentösen Therapie werden aber auch pflanzliche Arzneimittel verwendet.

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