Hebamme oder Geburtshaus? - Alternativen zum Kreißsaal

Ansbach (dpa/tmn) - Zu Hause, in der Badewanne, ohne Hektik: So wünschen sich viele Frauen die Geburt. Entbindungen außerhalb des Krankenhauses sollen das möglich machen. Doch die Geburt zu Hause mit Hebamme oder im Geburtshaus ist nicht für jede Schwangere geeignet.

Die Geburt ihres Kindes stellt Eltern vor viele Entscheidungen. Wie wird das Kinderzimmer eingerichtet, welche Babyklamotten müssen wir kaufen? Und je näher der Geburtstermin rückt, umso drängender stellt sich die Frage, wo das Kind das Licht der Welt erblicken soll. Die spontane Antwort wird bei vielen „im Krankenhaus“ lauten. Doch dazu gibt es Alternativen. Welche die richtige ist, hängt unter anderem vom Gesundheitszustand der Mutter ab.

Läuft die Geburt reibungslos ab, schneiden Hausgeburten oder die Entbindung im Geburtshaus nicht schlechter ab als die Geburt im Krankenhaus. Das zeigt eine Anfang 2012 veröffentlichte Studie des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und verschiedener Hebammenverbände. Ausgehend von 71 000 klinischen und 22 000 außerklinischen Geburten mit unkompliziertem Verlauf wurde dabei die Versorgungsqualität untersucht. Unter anderem gab es keine Unterschiede im Agpar-Score - ein Punkteschema, mit dem der Gesundheitszustand der Kinder zehn Minuten nach Geburt beurteilt wird.

Das gute Abschneiden der außerklinischen Angebote bedeutet aber nicht, dass sie automatisch das Richtige für jede Frau sind. „Es gibt Voraussetzungen, unter denen von einer Geburt abseits des Krankenhauses abzuraten ist“, erklärt Ruth Sichermann vom Netzwerk der Geburtshäuser Deutschlands. Dazu gehörten Erkrankungen bei der Mutter wie Epilepsie, Bluthochdruck oder Diabetes, sowie im Vorfeld diagnostizierte Krankheiten oder Organschäden des Kindes. Hier bestehe ein erhöhtes Komplikationsrisiko, weshalb Frauen ihr Kind besser im Krankenhaus zur Welt bringen. „Das Gleiche gilt bei Frühgeburten oder wenn das Kind nicht richtig liegt.“

Sind keine Risikofaktoren bekannt, steht einer Geburt außerhalb des Krankenhauses aber nichts im Wege. „Eine Geburt ist ja per se kein kranker Zustand, sondern ein ganz natürlicher Vorgang. Warum sollte sie also im Krankenhaus stattfinden?“, fragt Susanne Schäfer vom Bund freiberuflicher Hebammen. Viele Mütter fragten sich aber, wie ihr Kind bei einem Notfall außerhalb des Kreißsaals medizinisch versorgt werden kann.

Bei jeder Geburt können Komplikationen auftreten. „Selbst bei einer völlig gesunden Schwangeren und einer unauffälligen, leichten Schwangerschaft“, sagt Klaus Friese von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Zum Beispiel wenn die Geburt durch zu schwache Wehen zum Stillstand komme und das Kind mit zu wenig Sauerstoff versorgt wird. Oder bei starken Blutungen bei der Mutter durch eine vorzeitige Plazentaablösung oder eine Uterusruptur.

In solchen Fällen bleibt nicht viel Zeit. „Deshalb müssen ärztliche Versorgung und Notfallmedizin für Mutter und Kind jederzeit rasch erreichbar sein“, sagt Friese. Dass das bei außerklinischen Geburten immer zu hundert Prozent gewährleistet ist, stellt er infrage. Insbesondere bei Hausgeburten, die weitab vom nächsten Krankenhaus stattfinden.

Laut Aussagen der Hebammenverbände ist die Sicherheit von Mutter und Kind jenseits des Krankenhauses grundsätzlich gewährleistet. „Die außerklinische Geburtshilfe hat ein sehr gutes Risikomanagement“, erklärt Susanne Schäfer vom Bund freiberuflicher Hebammen.

„Als Hebamme ist man geschult, Probleme im Geburtsverlauf und Symptome von Anomalien bei Mutter und Kind frühzeitig zu erkennen“, ergänzt Ruth Sichermann. Schlechte Herztöne beim Baby, eine stark entkräftete Mutter, ein nicht richtig geöffneter Muttermund - sobald etwas nicht stimme, werde die Frau ins Krankenhaus verlegt. Das belegt auch die GKV-Studie: Hebammen überweisen Schwangere demnach bei Komplikationen rasch und konsequent in eine Klinik. Soweit möglich, wird das in Ruhe gemacht. Die Ausnahmesituation soll nicht noch stressiger für die Frau werden.

Die meisten außerklinischen Geburten verlaufen jedoch nach Plan. Und in einigen Punkten laut der GKV-Studie sogar besser als die klinischen: So treten bei den außerklinischen Geburten weniger Dammverletzungen auf (29, 8 statt 41,2 Prozent). Bei den Entbindungen zu Hause oder im Geburtshaus sind außerdem weniger Wehenmittel und Medikamente nötig (6,6 statt 19 Prozent).

Die Fakten einmal beiseitegelassen, entscheiden sich viele Frauen aber noch aus einem völlig anderen Grund für eine Entbindung außerhalb des Krankenhauses: „Hebamme und Frau kennen sich bereits in der Schwangerschaft, die Hebamme macht Vorsorgeuntersuchungen und kontrolliert den Schwangerschaftsverlauf. Dadurch entsteht ein Vertrauensverhältnis“, erklärt Schäfer. Zusammen mit der entspannteren Atmosphäre abseits der Krankenhausroutine unterstütze das den natürlichen Geburtsprozess.

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