Harmonie oder Energie: Wie Farben wirken

Zweibrücken (dpa/tmn) - Grün beruhigt, Gelb aktiviert die Gehirntätigkeit, und Rot wirkt anregend. Doch streicht man in diesen Farben ganze Wände, kann sich ihre Wirkung ändern: Rot macht dann etwa aggressiv.

Wie Farben wirken, kommt auf Dosierung und Balance an.

Farben wirken, ob man will oder nicht. Und sie erzeugen Stimmungen, die auch beim Gestalten einer Wohnung oder eines Hauses eine wichtige Rolle spielen. Farben entscheiden mit darüber, wie wohl man sich fühlt, wie angeregt oder produktiv man ist. Doch nicht jede Farbe passt mit ihrer Wirkung in jedes Zimmer - und manche sollten nur sparsam zum Einsatz kommen.

„In der Farbwahrnehmung gibt es keine großen individuellen Unterschiede“, sagt die Farbgestalterin Isabelle Wolf aus Zweibrücken. Niemand empfinde etwa Rot als kalt. „Das ist so etwas wie eine Urprägung.“ Während die Farbe dynamisch, kraftvoll und anregend wirke, sei grün harmonisch, beruhigend und ausbalancierend.

Wohnräume sollten laut Axel Venn nicht monothematisch gestaltet werden. „Ideal ist eine Mischung aus Beruhigung und Anregung“, erklärt der Designer und Professor für Farbgestaltung und Trendscouting an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim. „Zwei Drittel des Raumes sollten dabei eher beruhigend wirken.“ Das schafften Farben ohne starke Charakteristik, etwa getrübte Kalk- oder Sonnentöne, durch Leinen-, Bast- oder Sorbettöne.

„Die anregende Wirkung des restlichen Drittels kann zum Beispiel durch buntstiftartige, pastellige Farben erzielt werden.“ Also über Stoffe, Vorhänge, Bücher und Bilder. Kommen intensive Farben zu stark zum Einsatz, wühlt das laut Venn zu sehr auf.

Entscheidend für die Wirkung sei unter anderem das Farbgewicht im Raum, erläutert der Wohnpsychologe Uwe Linke aus München. „Während helle Pastelltöne beispielsweise wenig Gewicht haben, wirken kräftig-bunte und dunkle Farben besonders massiv und sollten mit Bedacht eingesetzt werden.“ Er rät, möglichst nicht mehr als drei Farben einzusetzen, weil der Raum sonst unruhig wirke.

Daneben ist das Licht ein wichtiger Aspekt. „Durch Licht kommen Farben erst richtig zur Geltung und entfalten am besten ihre Wirkung“, sagt Venn. „Dabei empfiehlt sich der Einsatz mehrerer Lichtquellen, um gemütliche Ecken zu schaffen.“ Einen Raum, der voll lichtdurchflutet ist, würden die meisten Menschen nicht mögen.

Manche Farben eignen sich am besten für Farbakzente. „Rot etwa wird selten für ganze Zimmer verwendet, sondern empfiehlt sich als klassische Akzentfarbe. Lediglich selten genutzte Räume wie die Diele oder ein repräsentatives Esszimmer kann man komplett in Rot gestalten“, sagt Wolf. „Für das Schlafzimmer ist rot hingegen zu anregend, und an einen erholsamen Schlaf wäre nicht zu denken.“

Nicht immer muss tatsächlich eine Farbe verwendet werden, um in einem Raum einen Farbeindruck zu erzielen. „Farben lassen sich auch in Formen und Materialien übersetzen“, erläutert Wolf. „Ein roter Raumeindruck entsteht zum Beispiel durch Holzkuben und Lederhocker, durch schwere, massive Materialien, durch Leder, Felle und einen offenen Kamin.“ Gelb regt die Gehirntätigkeit an - sie findet ihre Entsprechung in großzügigen Räumen und reflektierenden Materialien.

Die Farben nehmen auch Einfluss auf das Temperament einer Person: „Ein Phlegmatiker, der sich komplett in Grün einrichtet, kommt überhaupt nicht mehr in Schwung“, sagt Wolf. Grün sei zu bedächtig, da passiere nichts. „Stattdessen sollten Farben mit einem aktivierenden Impuls wie Rot oder Orange zum Einsatz kommen.“

Auch für Büros werden oft Farben verwendet, die eine bestimmte Intention fördern. „Arbeitsbereiche werden in der Farbe Gelb noch anregender, und Geschäfte wirken mit Rottönen einladender“, sagt Linke. Für einen Kindergarten eignen sich keine roten Wänden, denn das fördere Aggressivität und Lautstärke. Doch unabhängig von Farbspielen sollten Räume laut Venn vor allem eines haben: eine sehr persönliche Botschaft. „Dann sind sie auch angenehm.“

Literatur:

- Wolf, Isabelle: Was Farben sagen. Goldmann Verlag, ISBN-13: 978-3442172313, 8,99 Euro.

- Linke, Uwe: Die Psychologie des Wohnens. Nymphenburger Verlag, ISBN-13: 978-3485013086, 17,99 Euro.

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