Rheuma: Sich das Leben leichter machen

Mit Medikamenten und Bewegungstherapie kann Rheuma heute gut behandelt werden. Kleine Tricks und Hilfsmittel verbessern das Alltagsleben.

Düsseldorf. Susanne Bäcker greift mit beiden Händen nach ihrem Latte Macchiato-Glas. Sie lächelt: "So geht es einfacher", sagt sie. Die 41-jährige Sachbearbeiterin aus Leichlingen hat viele Dinge lernen müssen, um sich das Leben leichter zu machen. Denn sie leidet seit fast 20 Jahren an Rheuma.

Rheuma - der Begriff steht für eine Vielzahl von Krankheiten des Bewegungsapparates, von denen mehr als 20 zu den entzündlich rheumatischen Erkrankungen zählen. Die häufigste ist das entzündliche Gelenkrheuma, die Rheumatoide Arthritis.

Susanne Bäcker war gerade 23 Jahre alt und bis dahin kerngesund, als sie von dieser Diagnose erfuhr: "Man hat mir damals gesagt: Wenn sie jetzt nichts unternehmen, sitzen sie in vier Jahren im Rollstuhl." Ein Schock für die junge Frau, die sich ihr Leben aufbaute: frisch verliebt, im zweiten Ausbildungsjahr für ihren Traumberuf Kinderkrankenschwester.

Alles fing an mit einer Entzündung im Knie. Ihr Orthopäde überwies Bäcker aber nicht zum Rheumatologen, obwohl er Rheuma vermutete, ordnete stattdessen eine unnötige Operation an: "Dadurch ist die Krankheit erst richtig ausgebrochen", sagt Bäcker.

Erst als sie in eine Rheumaklinik eingeliefert wurde, ging es bergauf: "Dort bin ich medikamentös gut eingestellt worden, habe Ergotherapie bekommen, in der man mir gezeigt hat, wie ich mir mit den richtigen Übungen und den richtigen Hilfsmitteln das Leben leichter machen kann." Heute schneidet sie beispielsweise im Haushalt mit speziellen abgewinkelten Messern und nutzt am Computer Armstützen (siehe Kasten).

Bis heute gibt es keine Erkenntnisse darüber, wodurch entzündliches Gelenkrheuma ausgelöst wird, wie Dr. Siegfried Wassenberg, Rheumatologe am Evangelischen Fachkrankenhaus Ratingen, erklärt. Erbfaktoren und das Rauchen erhöhen das Risiko, zu erkranken. Aber auch nicht familiär vorbelastete Menschen und Nichtraucher können an Rheuma leiden.

Frühe Zeichen für die Erkrankung sind Schmerzen und Schwellungen der Gelenke, insbesondere der kleinen Gelenke an den Händen oder Füßen. Auch ein deutlicher Kraftverlust in den Händen sowie ein Gefühl der Schlappheit und Morgensteifheit könnten Alarmzeichen sein, erklärt Wassenberg.

Er rät dazu, bei einem Verdacht zunächst den Hausarzt zu konsultieren, der dann an einen Rheumatologen überweisen könne. Allerdings gibt es ein Problem: "Wir haben einen massiven Mangel an Rheumatologen in Deutschland."

Experten hielten ein Verhältnis von 50 000 Betroffenen auf einen Facharzt für notwendig - die Realität sei aber ein Experte auf 500 000 Patienten. Wassenberg: "Die Folge ist, dass die Wartezeiten lang sind und drei Viertel der Betroffenen nicht vom Facharzt behandelt werden."

Dabei kann der Krankheit mit der richtigen Therapie gut entgegengewirkt werden. Zum einen helfen Medikamente kurzfristig bei Schmerzen, aber auch langfristig, um den Verlauf der Krankheit zu beeinflussen (siehe Kasten). Viele Patienten könnten mit der richtigen medikamentösen Einstellung wieder ein normales Leben führen.

Da es sich um eine Erkrankung des Bewegungsapparates handelt, sollten Betroffene zudem Krankengymnastik und Ergotherapie machen, wie Wassenberg sagt. Dauerhaft heilbar ist Rheuma allerdings bisher nicht.

Der Einfluss von Ernährungsgewohnheiten sollte nach Angaben von Wassenberg nicht überbewertet werden. Allerdings sei bekannt, dass eine mediterrane Kost mit wenig Fleisch, Fett und Süßem eher günstig sei.

Viel wichtiger sei, nicht zu rauchen: "Wir wissen seit vier bis fünf Jahren, dass Raucher nicht nur ein deutlich erhöhtes Risiko haben, an Rheuma zu erkranken. Auch der Krankheitsverlauf ist bei ihnen deutlich schlechter."

Susanne Bäcker hat gelernt, mit ihrer Krankheit zu leben. Ihren Traumberuf musste sie zwar aufgeben, machte aber eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Auch heute lebt sie mit Schmerzen. Dennoch geht sie aktiv mit ihrer Krankheit um: In ihrer Freizeit malt sie gerne und fertigt Ketten an - auch, um ihre Gelenke zu trainieren.

Seit etwa zehn Jahren engagiert sich Susanne Bäcker zudem in der Rheuma-Liga. "Ich gehe seitdem selbstbewusster mit meiner Krankheit um." Anderen Betroffenen rät sie, sich gut über die Krankheit und die richtige Hilfe zu informieren. "Wichtig ist zudem, dass man in Bewegung bleibt, auch und gerade wenn man Schmerzen hat - damit die Gelenke nicht versteifen."

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