Kabarettist Ludger Stratmann: „Ich habe alles im Griff“

Der Kabarettist und Arzt Ludger Stratmann spricht zum Auftakt unserer Serie über Abschiede, Humor und Steuern.

Essen. Ludger Stratmann nippt an seinem Kakao. „Es ist schwierig, sich von den Fans zu verabschieden“, sagt der 65-Jährige. Der Essener Kabarettist steigt mit seinem Programm „Dat Schönste“ aus dem Tourgeschäft aus. Positiv bleibt er trotzdem: Über Abschiede, Humor und die guten Seiten von Steuern spricht er offen im Interview.

Herr Stratmann, wann hat man „alles im Griff“?

Ludger Stratmann: Ich persönlich habe alles im Griff. Ich bin finanziell unabhängig. Meine Herzerkrankung habe ich durch meinen Schrittmacher im Griff. Ich muss mir nichts vorschreiben lassen. Ich kann sagen: „Ich möchte einfach ich sein.“

Inwiefern ist die innere Einstellung wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden?

Stratmann: Lachen ist die beste Medizin — und das nicht nur, weil viele Bauchmuskeln dabei bewegt werden. Die mentale Hygiene, wie ich immer sage, ist dabei entscheidend: im Kopp sauber zu werden. Wenn man jeden Morgen schlecht gelaunt aufsteht, sollte man das nicht hinnehmen, sondern sich fragen, warum man schlecht gelaunt ist.

Sie haben einmal gesagt: Man ist erst alt, wenn die Kerzen teurer sind als die Torte. Warum lachen wir gerne über Witze, die sich ums Alter drehen?

Stratmann: Das Alter bietet Skurrilitäten. Das merke ich an mir selbst.

Zum Beispiel?

Stratmann: Zum Beispiel die senile Bettflucht, über die ich früher immer gewitzelt habe. Jetzt stehe ich selbst immer um sieben Uhr auf, weil mir nicht mehr einfällt, was ich im Bett tun könnte (lacht).

Und die Jugend?

Stratmann: Jugend ist anders lustig. Das sind eher witzige Stimmungen, die ausgekostet werden. Im Alter wird man nachdenklicher. Aber heutzutage sind Alte von Jungen sowieso nicht mehr zu unterscheiden. 60-Jährige laufen Jüngeren beim Marathon davon — das klappt auch dank Vorsorge und den medizinischen Möglichkeiten.

Wann waren Sie das letzte Mal bei einer Vorsorgeuntersuchung?

Stratmann: Ich war noch nie dort. Ich kenne alle Krankheitssymptome, ich brauche nicht gesund zum Arzt zu gehen. Aber grundsätzlich trägt Vorsorge natürlich zur Krankheitsfrüherkennung bei.

Wie halten Sie sich fit?

Stratmann: Ich habe eine hohe Affinität zum Wasser und schwimme jeden Morgen eine halbe Stunde im Pool gegen eine Gegenstromanlage. Auf einem hässlichen Stepper quäle ich mich nicht.

Lieber planen oder leben?

Stratmann: Wenn ich zurückblicke, sind mir vor allem die Zeiten in Erinnerung geblieben, wo ich vor mich hingelebt habe.

Im Rückblick: Würden Sie etwas anders machen?

Stratmann: Ich bin mit meiner Schulkarriere völlig unzufrieden. Ich bin bei allen Schulen rausgeflogen. Und ich habe mich nicht genug um Fremdsprachen gekümmert. Kommunikation ist so wichtig.

Sie können ja noch damit anfangen.

Stratmann: Momentan habe ich zu viel zu tun, aber wenn ich mehr Zeit habe, bestimmt. Dann will ich auch wieder mehr schreiben.

Apropos Zeit: Sie sind auf Abschiedstournee — haben Sie einen Tipp, wie man beim Abschiednehmen das lachende Auge behalten kann?

Stratmann: Da hilft mir Unentschlossenheit. Ich ziehe den Abschied über Jahre hin. Und ich trete ja weiterhin in meinem Theater in Essen auf, ich mache nur keine Hausbesuche mehr. Von Umständen kann ich mich gut verabschieden, schwieriger fällt mir das Abschiednehmen vom Publikum. Ein Leben ganz ohne Arbeit kann ich mir aber nicht vorstellen. Wenn ich nur zu Hause bleiben würde, würde ich anfangen, die Möbel hin- und herzurücken.

Wann haben Sie sich mit dem Thema Rente befasst?

Stratmann: Mit 36, da habe ich einen Rentenvertrag abgeschlossen. Das war eine dolle Entscheidung, und rückblickend kann ich sagen, dass es richtig war. Das sichert einfach die Grundversorgung. Das ist ein Thema, das wegen des demografischen Wandels momentan ganz wichtig für die Jugend ist. Jeder muss da selbst vorsorgen.

Steuern, Versicherung, Testament — wie kann man diesen eher trockenen Themen etwas Positives abgewinnen?

Stratmann: Ich mache all das gerne. Ich bin unter anderem gelernter Bankkaufmann, und wenn ich die Steuern, Überweisungen und Kontoauszüge abgearbeitet habe, denke ich: Schön, jetzt ist das alles erledigt (lacht).

Haben Sie ein Testament?

Stratmann: Noch nicht, aber ich habe es vor. Als ich meinen Herzschrittmacher bekommen habe, habe ich mir das fest vorgenommen. Ich möchte für die Zukunft meiner Familie sorgen, auch post mortem.

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