Telefonieren im Auto: Was verboten ist — und was nicht

Seit zehn Jahren sorgt das Handyverbot im laufenden Straßenverkehr für Diskussionen.

Telefonieren im Auto: Was verboten ist — und was nicht
Foto: dolgatchov/thinkstock.de

Düsseldorf. Ende des Jahres 2004 hat der Gesetzgeber einen neuen Absatz in die Straßenverkehrsordnung eingefügt, der bis heute für reichlich Zündstoff sorgt und die Gerichte in Deutschland beschäftigt: „Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist“, heißt es Absatz 1a in § 23 StVO.

Wer als Fahrzeugführer im laufendem Fahrzeugbetrieb gegen diese Vorschrift verstößt, bekommt ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro und einen Strafpunkt beim Kraftfahrt-Zentralregister in Flensburg aufgebrummt. Achtung: Der Punkt füllt das persönliche Konto bei der Flensburger Sünderkartei schon zu einem Achtel. Außerdem sind auch Fahrradfahrer als „Fahrzeugführer“ von der Regelung betroffen; sie müssen aber nur 25 Euro Bußgeld bezahlen und werden in diesem Fall von Strafpunkten verschont.

Übrigens musste ein Mehrfachtäter wegen „einer beharrlichen Pflichtverletzung“ bereits einmonatige Fahrverbote in Kauf nehmen. Das Oberlandesgericht Hamm rügte in diesem Fall die mangelnde Verkehrsdisziplin und „Unrechtskontinuität“ des viel telefonierenden Autofahrers (OLG Hamm, Aktenzeichen 3 RBs 256/13). Der eifrige Handy-Nutzer wäre mit einer Freisprecheinrichtung wirklich besser bedient gewesen.

Nach dem Wortlaut des genannten Paragrafen liegt bereits eine Ordnungswidrigkeit vor, sobald das Mobiltelefon bei laufendem Motor in die Hand genommen wird. Da spielt es auch keine Rolle, ob das Gespräch schon läuft oder die Telefonverbindung hergestellt ist. Selbst wenn Fahrer vom Telefonbimmeln genervt sind und den Anruf wegdrücken, werden sie für das unfreiwillige Benutzen des Handys belangt. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichtes Köln ist dies ebenso strafbar wie bereits das Ein- und Ausschalten des Geräts beim Fahren (OLG Köln, Aktenzeichen III-1 RBs 39/12).

Nach einem neueren Urteil des gleichen Gerichts stellt hingegen die bloße Weitergabe des Gerätes (OLG Köln, III-1 RBs 284/14) und das Ans-Ohr-Drücken eines Telefon-Headsets (OLG Stuttgart, 1 Ss 187/08) keine Handy-Nutzung am Steuer dar. Genauso ist das Benutzen eines Funkgerätes erlaubt (OLG Celle, 311 SsRs 29/09) wie das Einstellen eines reinen Navigationsgerätes oder das Suchen eines Rundfunksenders (OLG Köln, 1 RBs 39/12). Die Gerichtsentscheide berufen sich unter anderem auf den Wortlaut der besagten Vorschrift, wonach nur die ausdrücklich erwähnten Geräte strafbewehrt sind.

Darüber hinaus konnte sich ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter vor einem Ordnungswidrigkeitsdelikt mit der Aussage retten, er habe kein Handy, sondern eine Brieftasche ans Ohr gehalten (Amtsgericht Köln, 802 OWi 532/11). Dem Politiker kam dabei die aufkommende Unsicherheit des anzeigenden Polizisten zupass.

Ebenso kurios wirkt ein Gerichtsbeschluss, der einen automatisch und einen manuell abgeschalteten Motor gleichsetzt (OLG Hamm, 1 RBs 1/14). Dementsprechend gelten Fahrzeuge mit Start-Stop-Automatik als ausgeschaltet, wenn sie zum Beispiel vor einer Ampel stehen. Dann dürfen ihre Fahrer sogar die kurze Zeit des Stopps zum legalen Telefonieren nutzen. Das Gericht argumentiert damit, dass hier keine Fahraufgaben anfallen, bei denen beide Hände benötigt würden.

Apropos Gleichsetzung, diesmal umgekehrt: Mit einem Palm-Organizer, dem Vorläufer moderner Hybridgeräte aus Computer und Telefon, geht aufgrund seiner typischen Bedienelemente die beim Fahren verbotene „Benutzung eines Mobiltelefons“ einher (OLG Karlsruhe, 3 Ss 219/05). Bei ähnlichen Prozessen bleibt nun abzuwarten, wie die im Trend liegenden „Smartwatches“, die computer- und telefonfähigen Armbanduhren, von den Gerichten bewertet werden.

Während eine normale Armbanduhr von der eingangs erwähnten Vorschrift ausklammert wird, ist der buchstäbliche Rückgriff auf die im Handydisplay angezeigte Uhrzeit verboten (OLG Zweibrücken, 1 Ss 1/14).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort