Haarausfall: Wenn der Kopf langsam kahl wird

Jeder dritte Deutsche hat mit diesem Problem zu tun. Betroffene leiden oft unter psychischen Folgen.

Wuppertal. Jeder Mensch verliert permanent Haare. Ein Verlust von bis zu 100 pro Tag ist normal. Bei 30 bis 40 Prozent aller Deutschen ist der Verlust jedoch deutlich größer, sie leiden unter Haarausfall. „Haarausfall hat meistens auch psychische Folgen“, sagt der Wuppertaler Dermatologe Prof. Thomas Dirschka. „Insbesondere für Frauen ist das oft eine ganz schlimme Erfahrung.“

Für einige Formen gibt es aber auch durchaus erfolgversprechende Therapien. Die mit Abstand am weitesten verbreitete Form ist der erblich bedingte Haarausfall. Von ihm sind vor allem Männer betroffen. Die Ursachen sind bislang nicht behandelbar. „Es handelt sich ja nicht um eine Krankheit, sondern eine ererbte Veranlagung“, erläutert Dirschka.

Die Behandlung ist daher schwierig. Wer früh reagiert, kann den fortschreitenden Ausfall jedoch oft bremsen oder sogar stoppen. Ein Neuwuchs von Haaren an kahlen Stellen ist jedoch zumeist nur in geringem Umfang möglich. Zwei Medikamente mit den Wirkstoffen Finasterid und Minoxidil können vor allem in frühen Stadien des Haarverlusts helfen.

Finasterid darf nur bei Männern eingesetzt werden; Minoxidil hingegen gibt es als Haartinktur in einer speziellen Zubereitung für Frauen. Die Wirkungen sind jedoch begrenzt und variieren von Patient zu Patient erheblich.

Viele Betroffene setzen ihre Hoffnungen auch in verschiedene, frei verkäufliche Substanzen. Der wissenschaftliche Nachweis einer Wirksamkeit der meisten Haarwuchsmittel fehle jedoch, erklärt Dirschka, oder die Wirkung sei derart gering, dass sie zwar mit empfindlichen Methoden messbar, jedoch nicht für den Patienten sichtbar sei.

Eine andere Form des diffusen Haarausfalls betrifft oft Frauen. Hierbei spielt Eisenmangel eine wichtige Rolle. Durch Nahrungsumstellung oder Einnahme von Eisenpräparaten kann diese Form des Haarausfalls geheilt werden.

Auch hormonelle Ursachen (unter anderem Schilddrüsenstörungen) können zu Haarausfall führen. Hat der Arzt die Ursache gefunden, ist dieses Problem dann oft schnell lösbar.

Schwieriger ist die Therapie hingegen beim kreisrunden Haarausfall. Bei dieser Variante greifen Entzündungszellen die Haare an; die Folge ist Haarausfall an einzelnen, begrenzten Stellen. „In diesen Fällen kann man versuchen, mit immundämpfenden Medikamenten, unter anderem Kortison, gegenzusteuern“, so Dirschka. Daneben gebe es bislang kaum erfolgversprechende Ansätze.

Wenn alle Therapien versagt haben, bleibt bei bestimmten Formen des Haarausfalls als Option eine Haartransplantation. „Dabei werden Haare aus dem zumeist noch vorhandenen Haarkranz entnommen und oben auf dem Hubschrauber-Landeplatz oder im Bereich der Geheimratsecken implantiert“, beschreibt Dirschka die Prozedur mit einem Augenzwinkern. Die Behandlung sei allerdings sehr aufwändig und könne teuer werden. Krankenkassen bezahlen sie nach Angaben Dirschkas in der Regel nur nach Verbrennungen oder Narbenbildungen.

Da bei vielen Formen des Haarausfalls die Medizin noch keine befriedigende Antwort hat, komme es darauf an, das Selbstbewusstsein Betroffener zu stärken, betont Dirschka. „In einer Gesellschaft, die immer mehr die perfekte Körperlichkeit betont, werden kleine sogenannte Schönheitsfehler oft zur seelischen Belastung“, sagt Dirschka. „Dabei war auch ein Kojak ein starker Charakter. Und wer erinnert sich nicht an Pierluigi Collina, den legendären Schiedsrichter, der gerade seine Haarlosigkeit erfolgreich kultiviert hat?“

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