Keine Scheu vor dem Arzt - welche Zusatzleistungen sinnvoll sind

Mediziner bieten mehr an als das, was die Kasse bezahlt. Der „Igel-Monitor“ soll Patienten helfen.

Düsseldorf. Krankheitsbilder und wie Sie bei ersten Anzeichen reagieren sollten — das wird unser Thema in der Serie Gesundheits-Check in den kommenden Wochen sein. Den ersten Teil (Adipositas) lesen Sie hier. Vorangestellt aber das Thema: Was kann eine gezielte Vorsorge leisten? Da sind zum einen die Früherkennungsuntersuchungen, die auch von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden.

Doch es gibt noch eine zweite Form von Früherkennungsuntersuchungen, die allerdings von Patienten aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. Im Fachjargon heißen sie Igel — was für „Individuelle Gesundheitsleistungen“ steht. Böse Zungen übersetzen Igel ganz anders: „Irgendwie Geld einbringende Leistungen“ oder „Intransparentes Gemisch entbehrlicher Leistungen“.

Der Vorwurf gegen diese Angebote, für die gesetzlich Versicherte laut Verbraucherzentrale NRW jährlich 1,5 Milliarden Euro ausgeben: es handle sich jedenfalls teilweise um Leistungen, die weniger im Interesse der Patienten als vielmehr im finanziellen Interesse der Ärzte liegen.

Dabei streiten die gesetzlichen Krankenkassen gar nicht ab, dass unter den Igel-Angeboten im Einzelfall medizinisch notwendige Leistungen stecken können. Plastischer Fall: das Hautkrebs-Screening, das bis vor ein paar Jahren Igel-Leistung war, mittlerweile aber zur Kassen-finanzierten Früherkennungsuntersuchung wurde.

Wie aber kann der Patient beurteilen, ob das, was ihm angeboten wird, sinnvoll ist? Um einen Überblick zu schaffen, betreibt der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) den von den gesetzlichen Kassen finanzierten Igel-Monitor. Die Internet-Plattform will aufklären und bewertet einzelne Igel-Leistungen. Da geht es etwa um Laser-Behandlung von Krampfadern, Akupunktur zur Migräneprophylaxe, Bach-Blütentherapie oder „hyperbare Sauerstofftherapie beim Hörsturz“. Alphabetisch geordnet findet der Patient ein Urteil zu der ihm vom Arzt angebotenen Leistung.

Dass der Igel-Monitor nicht ohne Widerspruch bleibt, zeigte jüngst die Diskussion um die Messung des Augeninnendrucks zur Glaukomfrüherkennung, eine der am häufigsten für rund 20 Euro angebotenen Igel-Leistungen. Die Idee: Frühzeitig sollen Anzeichen für einen Grünen Star entdeckt werden, der zur Erblindung führen kann.

Ein Satz im Igel-Monitor sorgte dabei nicht nur für Unmut unter Augenärzten, sondern auch für Verunsicherung bei Patienten: „Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass die Augeninnendruckmessung ein Glaukom nicht zuverlässig vorhersagen oder diagnostizieren kann.“ Dennoch bedankte sich Bernd Bertram, Chef des Berufsverbands der Augenärzte, „dass der MDS Licht ins Dickicht der unseriös von Nicht-Augenärzten angebotenen Glaukom-Früherkennungsuntersuchungen bringt und damit die Patienten möglicherweise vor Schaden bewahrt“.

Die alleinige Druckmessung komme einem ärztlichen Kunstfehler gleich, stellt Bertram klar, denn dabei „würde jedes zweite Glaukom übersehen“. Er betont: „Die korrekt durchgeführte Früherkennungsuntersuchung des Glaukoms umfasst bei den Augenärzten neben der Messung des Augeninnendruckes die viel wichtigere Inspektion und Beurteilung der Papille.“ Nur so werde die Früherkennung gewährleistet.

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