Familienalltag: „Lachen ist der beste Stresskiller“

Der Alltag ist ein Abenteuer — das zeigt der letzte Teil unserer Serie. Eine Expertin gibt Tipps, wie Sie das Chaos gelassener meistern.

München. Statistiken zeichnen das Bild, dass für uns Deutsche Gesundheit, Familie und privates Glück an erster Stelle stehen. Warum ist dann die Realität in vielen Familien so ernüchternd? Wenig Idylle, Harmonie und Entspannung. Dafür Konfrontation, Frust und Unzufriedenheit — bei Groß wie bei Klein. Wir sprachen mit Cordula Nussbaum, Ratgeber-Autorin und Expertin für kreativ-chaotisches Familienmanagement, über den Weg zu mehr Gelassenheit und die Zähmung des Perfektionismus’.

Frau Nussbaum, Zeitmanagement und Organisationstalent werden oft als Lösung genannt, damit das Familienleben funktioniert. Können engmaschige Planung und feste Strukturen wirklich helfen?

Cordula Nussbaum: Nein, im Gegenteil. Viele Familien erleben, dass zu feste Strukturen und zu viel Organisation ihnen sogar Stress machen. Da planen wir Eltern penibel die kommenden Tage — und dann macht die Kita wegen einer Grippewelle dicht, in der Schule fallen die Mittagsstunden aus oder die Tagesmutter wird krank. Dann ist Notfall-Management gefragt, und zum Zeitstress kommt der zusätzliche Organisationsstress hinzu — und das Gefühl: „Ich bekomme es einfach nicht gebacken . . .“

Heißt das, dass wir uns lieber von dem, was kommt, überrollen lassen sollen?

Nussbaum: Das wäre das andere Extrem. Nein, es heißt, dass jede Familie ihren eigenen Grad an Struktur und Organisation finden muss, der tatsächlich hilft. Das bedeutet auch, sich frei zu machen davon, wie „man“ eine Familie managt. Es gibt Eltern, die sind von ihren Talenten her eher kreativ-chaotisch. Das heißt, sie lieben es, spontan zu sein, und kommen mit wenig Planung aus. Und dann gibt es sehr systematisch planende Eltern, die ihre Tage und Wochen komplett durchtakten und sich damit wohlfühlen — oder wohlfühlen würden, wenn ihr Planungswerk nicht regelmäßig durch Unvorhergesehenes torpediert würde. Meine Erfahrung: Ein wenig Struktur hilft, zu viel lähmt.

Mit dem Stress in Job und Schule kommen die meisten von uns irgendwie klar. Doch viele Eltern, Partner und Kinder sind in der gemeinsamen Zeit alles andere als entspannt. Woran liegt das?

Nussbaum: Zum einen daran, dass die meisten in ihrer Freizeit regelrecht platt sind vom Alltag, aber dennoch fit sein wollen. Da macht uns unser Körper mit seinem Erholungsbedürfnis häufig einen Strich durch die Rechnung. Zum anderen sind die Erwartungen an die gemeinsame Zeit extrem hoch. Das vielzitierte Familienglück ist oft nur eine Hochglanz-Illusion, die vergisst, dass wir alle nur Menschen sind — mit Sorgen, Problemen und Bedürfnissen. Mein Tipp: Legen Sie die Messlatte einfach wieder auf ein „menschliches“ Niveau, gestehen Sie sich, Ihrem Partner und den Kindern zu, dass sie auch mal schlecht drauf sind, erlauben Sie Meinungsverschiedenheiten oder einen kurzen Streit. Das gehört zum Familienalltag dazu — und meist ist damit das Problem schon erledigt.

Ist Stress ein Phänomen unserer Generation?

Nussbaum: Studien belegen, dass der Stresspegel in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Während bei unseren Eltern oft die Mutter zu Hause blieb und zum Feierabend oder am Wochenende im Haus alles perfekt war — zumindest aus Sicht der Väter und Kinder (lacht) —, kommen in unserer Generation jetzt zwei „Arbeiter“ erschöpft vom Job heim, und an beiden hängt dann noch das Kochen, Waschen, Putzen, Hausaufgaben checken . . . Ob sie das aber als stressig empfindet, das liegt an der Familie selbst. Wichtig ist, den eigenen Perfektionismus zu zähmen.

Wie kann man neue Wege gehen, ohne dass Wohnung und Alltag im Chaos versinken?

Nussbaum: Ich habe einen Spruch gefunden, der lautet: „Dieses Haus ist sauber genug, um gesund zu bleiben, und schmutzig genug, um glücklich zu sein.“ Ich finde ihn super, denn er motiviert uns Eltern, die Dinge lockerer zu nehmen.

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