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Gemüsesticks statt Knochen - wenn Hunde vegan leben

Potsdam (dpa) - Veganer haben heute keinen Exotenstatus mehr. Der Verzicht auf Fleisch und Tierprodukte ist aber nicht allein eine Sache der Menschen. Der Handel hat längst die nächste Zielgruppe ausgemacht.

Gemüsesticks statt Knochen - wenn Hunde vegan leben
Foto: dpa

Wenn Leila nach einer Wurst schnappt, dann ist es nicht einfach ein gewöhnliches Wiener Würstchen. Sondern Tofuwurst. Karotten sind bei dem Mischlingshund auch hoch im Kurs. Der adoptierte Straßenhund aus Rumänien lebt wie sein Potsdamer Frauchen seit Jahren vegan. Auf Leilas Speiseliste stehen unter anderem noch: Birnen, Nüsse, Linsen, Reis und vegane Tierfuttermischungen, die Marion Abels zukauft. Die 42-Jährige will damit ein Zeichen gegen die Fleisch- und Milchindustrie setzen. Der Handel hat die Zielgruppe vegan lebende Haustiere längst für sich entdeckt.

900 000 Deutsche ernähren sich vegan, gibt der Vegetarierbund Deutschland an, der sich bei seinen Angaben auf Studien stützt. Sie essen nicht nur wie Vegetarier kein Fleisch, sondern auch keine Tierprodukte wie Milch, Eier oder Honig. Die Zahl der Veganer sei stark steigend, sagt Pressesprecherin Stephanie Stragies. „Immer mehr Menschen werden gleich vegan und machen nicht erst einen Umweg über das vegetarische Leben.“ Mit den Veganern wächst offenbar auch die Zahl der Haustiere, die vegan leben. Wie viele es sind, ist aber unbekannt.

Der Hamburger Trendforscher Peter Wippermann erklärt sich das Phänomen so: „Vegan zu leben, ist verbunden mit einer gewissen Haltung.“ Es gebe Menschen, die diese dann auf andere Lebewesen direkt um sich herum übertragen wollen. „Dazu gehören dann auch Haustiere.“

Abels greift nach einer Futterdose in ihrer Küche. Die rund drei Jahre alte Leila kommt schwanzwedelnd aus einem der WG-Zimmer in der Altbauwohnung. Veganes Nass- oder Trockenfutter mit allen nötigen Nährstoffen zu bekommen, ist heute leicht, wie die Psychologin sagt. „Ich bestelle es über Internet-Shops.“

Der Bedarf an veganer Tiernahrung ist groß, wie von Händlerseite bescheinigt wird. In der Hamburger Filiale der veganen Supermarkt-Kette Veganz etwa gibt es nach eigenen Angaben eine starke Nachfrage. Wer kauft die Produkte? „Es sind unsere veganen Kunden, die ihre Tiere vegan ernähren oder Kunden, die selbst nicht vegan sind, aber ihren Hund aus gesundheitlichen Gründen vegan ernähren“, sagt Geschäftsführerin Helen Unsinn. Bei Allergien etwa. Zwischen 30 und 40 Tiernahrungs-Artikel bietet der Supermarkt an. Unter den Verkaufsschlagern: vegane Schweineohren.

Die Frankfurter (Main) Filiale verzeichnet, wie der Inhaber des Online-Shops bio-tierkost.de, Fabian Ribbeck, sogar einen Anstieg. Bei dem Internet-Shop sei bereits seit fünf Jahren der Bedarf um jährlich zwischen 30 und 40 Prozent gestiegen. Ribbeck weiß aber aus Erfahrung: „Vegane Hundeernährung ist selbst unter Hundehaltern ein Streitfall - das Thema spaltet.“

Langzeitstudien über vegane Hundeernährung gibt es laut Institut für Tierernährung an der Freien Universität Berlin noch nicht. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Susan Kröger betont aber, dass es wichtig ist, Mangelerscheinungen vorzubeugen. Am besten sei es, einen Tierarzt zu konsultieren, bevor sich ein Tierhalter dazu entscheidet, seinen Hund vegetarisch oder vegan zu ernähren. Dann könne geklärt werden, welche Zusatzstoffe auf jeden Fall zugeführt werden müssen, sagt Kröger.

Die stellvertretende Leiterin des Lehrstuhls für Tierernährung und Diätetik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Britta Dobenecker, weiß aus Beratungsgesprächen mit Tierhaltern: „Fehler bei der Hundeernährung werden häufig dann gemacht, wenn das Futter selbst zuhause zubereitet wird.“ Bei einer veganen Ernährung komme hinzu, dass nur eine begrenzte Auswahl an Rationskomponenten zur Verfügung stehe.

Dadurch könne es zum Beispiel zu einem Mangel an Vitamin A, Kupfer, Zink oder essenziellen Aminosäuren kommen, wenn sie nicht zusätzlich zugeführt werden. Vegane Alleinfuttermittel im Handel sollten diese Nährstoffe schon enthalten, was aber laut Dobenecker nicht bei allen zutrifft. Gerade bei veganer Ernährung empfehle sich daher eine Rationsberechnung.

Grundsätzlich kann ein Hund vegan ernährt werden - vorausgesetzt alle essenziellen Nährstoffe werden ergänzt, wie Dobenecker sagt. Kritisch sehe es aber bei tragenden und säugenden Hündinnen oder Welpen aus, weil sie besondere Ansprüche an die Ernährung hätten.

Die Potsdamerin Abels gibt zu: Wenn sie mit ihrem weißen quirligen Hund mit den schwarzen Flecken und braunen Augen an einer Metzgerei vorbeiläuft, zieht Leila an der Leine. „Gegen ihren Instinkt kann ich nichts machen“, sagt die Psychologin. Sie erlebe das Gleiche aber auch, wenn Leila andere Gerüche von Gekochtem wahrnimmt - vegan versteht sich.

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