Blamiert auf der Weihnachtsfeier

Mit dem Kollegen eng umschlungen getanzt, und dem Chef Intimes aus dem Privatleben erzählt? Dennoch geht das Leben im Büro „am Tag danach“ weiter.

Berlin. Ein Kollege hat auf der Weihnachtsfeier peinlich getanzt, die Sekretärin beleidigt und mit der Chefin geknutscht.

Kurz gesagt: Er ist in beinahe jedes Fettnäpfchen geraten, in das Beschäftigte auf so einer Feier treten können.

Nur, was jetzt? Irgendwie muss das Leben im Büro ja weitergehen. Brust raus, Kopf hoch, raten Experten.

Auf den meisten Weihnachtsfeiern beginnt der gemütliche Teil des Abends immer mit demselben Ritual: Sobald der DJ die Tanzfläche freigegeben hat, stehen alle verschämt am Rand und gucken. Irgendwann traut sich doch jemand auf die Tanzfläche und lässt die Hüften kreisen.

Das ist nicht per se peinlich. Außer natürlich, der Mitarbeiter zeigt seine John-Travolta-Schritt-Technik. Wildes Gehüpfe und ausladende Gesten à la „Saturday Night Fever“ waren mal angesagt - in den Siebzigern.

Wer peinlich getanzt und sich bis auf die Knochen blamiert hat, muss sich laut Knigge wenigstens nicht dafür entschuldigen, wie Agnes Jarosch vom Deutschen Knigge-Rat erklärt.

Wer allerdings eine Kollegin angetanzt und sie in eine unangenehme Situation gebracht hat, der sollte am nächsten Morgen um Verzeihung bitten. Dass über den Tanzstil getuschelt wird, muss der Mitarbeiter wohl oder übel aushalten. Jarosch rät: Haltung bewahren! Außerdem gibt es meist bald ein neues Thema über das getratscht wird.

Viele Menschen verbringen mit ihren Arbeitskollegen genauso viel Zeit wie mit ihrem Partner. Es ist also vollkommen in Ordnung, einmal etwas aus dem Privatleben zu erzählen.

Hat ein Mitarbeiter auf der Weihnachtsfeier allerdings von seinem hartnäckigen Fußpilz und seiner schrecklichen Schwiegermutter berichtet, ist das Gespräch für die anderen wahrscheinlich ein wenig unangenehm geworden - vor allem, wenn er ins Detail gegangen ist.

„Hier würde ich das Vier-Augen-Gespräch suchen“, rät die Karriere-Trainerin Carolin Lüdemann. Am besten nimmt der Mitarbeiter seine Gesprächspartner am nächsten Morgen im Büro einzeln auf die Seite und appelliert an ihre Verschwiegenheit. Sätze wie „Das hätte ich nicht jedem anvertraut“, geben den Kollegen das Gefühl, dass sie besonders geschätzt werden — und erhöhen die Chancen, dass sie das Gespräch für sich behalten.

Dass im Job nicht immer alles wunderbar läuft, ist vollkommen normal. Vielen Menschen hilft es, ihrem Ärger hin und wieder Luft zu machen. Die Weihnachtsfeier ist dafür aber nicht der richtige Ort. Immerhin: Ein Mitarbeiter, der zu später Stunde über die Arbeit gemeckert hat, riskiert in der Regel keine Abmahnung.

Auch auf einer Weihnachtsfeier gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung, wie die Fachanwältin für Arbeitsrecht, Nathalie Oberthür, erklärt. Außerdem findet die Feier in einem etwas privateren Rahmen statt. Sich dort zu beschweren, ist also nicht so, als hätte man in aller Öffentlichkeit etwa in sozialen Netzwerken über die Arbeit gelästert.

Andererseits sind Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber zur Loyalität verpflichtet. Wer auf der Weihnachtsfeier jedem, von der Putzfrau bis zum Vorgesetzten, damit in den Ohren liegt, wie schrecklich er den Betrieb findet, handelt sich im Extremfall doch eine Abmahnung ein. Deshalb der Tipp der Fachanwältin: „Nicht lästern!“

Die zickige Chefsekretärin behandelt alle von oben herab, der oberschlaue Abteilungsleiter spricht mit seinen Mitarbeitern wie mit kleinen Kindern. Auch Kollegen darf man Grenzen aufzeigen. Gut, wenn sich auf der Weihnachtsfeier endlich jemand dazu durchgerungen hat.

Weniger gut, dass dabei auch das eine oder andere Schimpfwort gefallen ist. Mit einem Streit können sich Arbeitnehmer richtig Ärger einhandeln. Wer einen Kollegen vor allen anderen lauthals anbrüllt und ihm Beleidigungen an den Kopf wirft, stört den Betriebsfrieden. „Das könnte auch abmahnungsrelevant sein“, erklärt Fachanwältin Oberthür.

Der Klassiker unter den Weihnachtsfeier-Fettnäpfchen: Ein Kollege knutscht mit einer Kollegin — oder andersherum. Wenn es sich bei dem Knutschpartner dummerweise auch noch um den Chef oder die Chefin handelt, kann der Tag nach der Weihnachtsfeier richtig peinlich werden. Karriere-Expertin Lüdemann rät auch hier zum Vier-Augen-Gespräch — mit dem Boss sowieso, aber auch mit den Kollegen, die die Szene beobachtet haben.

Nach der Weihnachtsfeier könnte nämlich ganz schnell der Verdacht keimen, man sei beim Chef plötzlich bessergestellt als die anderen, erklärt Lüdemann. Da sollten Beschäftigte rasch gegensteuern.

Der Mitarbeiter betont in den Vier-Augen-Gesprächen mit den Kollegen am besten, dass das Geknutsche keinen Einfluss auf die Arbeit hat und er auch weiterhin professionell arbeiten werde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort