Das ändert sich ab 2013

Der Rentenbeitrag sinkt, der zur Pflegeversicherung steigt und Fernlinienbusse haben freie Fahrt.

Berlin. Auf die Bundesbürger kommen zum Jahreswechsel wieder zahlreiche gesetzliche Änderungen zu: Die Praxisgebühr fällt zum Jahr der Bundestagswahl weg, der Rentenbeitrag sinkt auf den niedrigsten Stand seit 18 Jahren und für Hartz-IV-Empfänger gibt’s mehr Geld. Über andere Änderungen wird noch entschieden. Wir geben einen ersten Überblick. Über einige Neuregelungen müssen sich Bund und Länder aber noch einigen. Darüber wird teilweise erst 2013 entschieden.

Langzeitarbeitslose Die rund sechs Millionen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen bekommen monatlich fünf bis acht Euro mehr. Der Regelsatz für einen Single steigt von 374 auf 382 Euro. Das ist ein Plus von 2,1 Prozent. Beim Start von Hartz IV im Jahr 2005 waren es 345 Euro. Der Hartz-IV-Satz für Partner erhöht sich um acht auf 345 Euro, für Kinder bis sechs Jahre auf 224 Euro (plus fünf Euro), für Kinder von sieben bis 14 Jahren um sechs auf 255 Euro und für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren um sechs auf 289 Euro.

Rente I Der Beitragssatz zur Rentenversicherung sinkt von 19,6 auf 18,9 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit 1995. Damit werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber um jeweils mehr als drei Milliarden Euro jährlich entlastet. Ein Durchschnittsverdiener mit 2600 Euro brutto im Monat zahlt damit etwa neun Euro weniger als bisher in die Rentenkasse ein. Der Beitragssatz wird gesenkt, wenn — wie jetzt zum Jahresende — die Rücklagen der Rentenkasse über die Marke von anderthalb Monatsausgaben steigen.

Rente II Auf dem Weg zur Rente mit 67 erreicht die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze die zweite Stufe: Neu-Rentner des Geburtsjahrgangs 1948 müssen 2013 für eine abschlagfreie Rente zwei Monate über ihren 65. Geburtstag hinaus arbeiten. Im Jahr 2029 ist dann der Prozess beendet, die Rente mit 67 erreicht.

Praxisgebühr Die Zehn-Euro-Gebühr für Arztbesuche pro Quartal entfällt. Die Erwartung, sie könne die Zahl der Arztbesuche reduzieren, erfüllte sich nicht. Den Krankenkassen soll der Ausfall von knapp zwei Milliarden Euro im Jahr durch Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ausgeglichen werden.

Pflegeversicherung Der Beitragssatz steigt zum 1. Januar 2013 von 1,95 auf 2,05 Prozent, bei Kinderlosen auf 2,3 Prozent. Das bringt Mehreinnahmen von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro im Jahr. Menschen mit Demenz oder geistiger Behinderung, die von Angehörigen zu Hause betreut werden und in keiner Pflegestufe sind, können im Gegenzug außer den heute möglichen maximal 200 Euro für Betreuung nun Pflegegeld von 120 Euro oder Sachleistungen von bis zu 225 Euro bekommen. Auch in Stufe I und II gibt es Erhöhungen. Für Wohnformen zwischen ambulant und stationär gibt es je Bedürftigem 200 Euro zusätzlich. Bei Gründung einer Pflege-WG gibt es zeitlich befristet eine Förderung von Umbauten von 2500 Euro pro Person und maximal 10 000 Euro. Der Abschluss privater Zusatzversicherungen für den Pflegefall wird steuerlich gefördert.

Künstlersozialversicherung Das soziale Netz für 175 000 Kunstschaffende und Publizisten wird teurer. Der Abgabesatz erhöht sich von 3,9 Prozent auf 4,1 Prozent. Die Abgabe müssen Unternehmen auf die Honorare an freischaffende Künstler und Publizisten bezahlen. Die Zahl der dafür erfassten Verwerter beträgt rund 150 000. Bis Ende 2009 lag der Abgabesatz bei 4,4 Prozent, sank danach auf 3,9 Prozent.

Arbeitsmarkt In der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie bringen neu vereinbarte Branchenzuschläge Zeit- und Leiharbeitern mehr Geld. Die Zuschläge gleichen nach Angaben des Branchenverbandes IGZ in fünf Stufen und binnen neun Monaten die bisherige Tariflücke zwischen der Zeitarbeit und den Stammbelegschaften nahezu aus. Die Staffel beginnt nach der sechsten vollendeten Einsatzwoche mit einem Zuschlag von sieben Prozent. In der höchsten Stufe nach neun Monaten beträgt der Zuschlag 31 Prozent.

Verkehr Als neue Konkurrenz zu Zügen, Autos und Billigfliegern bekommen innerdeutsche Fernlinienbusse freie Fahrt. Mit Rücksicht auf den vom Steuerzahler subventionierten Öffentlichen Nahverkehr dürfen die Fernbusse aber nur Haltepunkte im Abstand von mindestens 50 Kilometern anfahren.

Steuersenkung Der steuerliche Grundfreibetrag soll 2013 nach den Koalitionsplänen um 126 auf dann 8130 Euro im Jahr steigen. Das ist etwas mehr, als nach dem neuen Existenzminimumbericht verfassungsrechtlich nötig wäre (8124 Euro im Jahr). Schwarz-Gelb will zudem den weiteren Tarifverlauf ändern und so das Problem der „kalten Progression“ mildern. Ein verfassungsrechtlich höherer Grundfreibetrag gilt als wahrscheinlich, der Rest bleibt strittig.

Elektronische Lohnsteuerkarte Sie wurde bereits zweimal verschoben. Auch jetzt kommt sie nicht wie zuletzt geplant zum Januar 2013, sondern etappenweise. Arbeitgeber haben das gesamte kommende Jahr Zeit, die Lohnabrechnung auf das neue Verfahren umzustellen. Renten-Steuer Arbeitnehmer können etwas mehr von den gesetzlichen Rentenbeiträgen steuerlich absetzen — statt bisher 48 Prozent des Arbeitnehmeranteils 52 Prozent. Die Beträge sind in den Vorsorgepauschalen nach Angaben des Neuen Verbandes der Lohnsteuerhilfevereine (NVL) bei der Lohnsteuerberechnung schon eingearbeitet.

Elterngeld Das Elterngeld für Kinder, die ab 2013 geboren werden, wird anders berechnet. Nach NVL-Einschätzung führt die Neuregelung dazu, dass viele Arbeitnehmer die Berechnung des Elterngeldes nicht mehr selbst vornehmen können und auch weniger Elterngeld erhalten. Zur Vermeidung von Nachteilen sollten sich werdende Eltern bei der Wahl der Steuerklasse frühzeitig beraten lassen.

Euroscheine Im Laufe des Jahres 2013 bringen die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken eine neue Serie von Euro-Banknoten mit neuen Sicherheitsmerkmalen in Umlauf. Die Verbraucher müssen sich auf eine veränderte Optik einstellen. So wird im Wasserzeichen, das im Gegenlicht geprüft werden kann, die Göttin Europa abgebildet sein.

GEZ Ab 2013 werden die Rundfunkgebühren für den Empfang der öffentlich-rechtlichen Programme nicht mehr pro Empfangsgerät, sondern als Rundfunkbeitrag pro Wohnung erhoben: Künftig muss für jede Wohnung ein pauschaler Rundfunkbeitrag von 17,98 Euro monatlich gezahlt werden.

Post Den Standardbrief bis 20 Gramm trägt der Postbote dann für 58 Cent (bisher 55 Cent) in die Briefkästen. Beim Maxibrief zieht das Porto von 2,20 Euro auf 2,40 Euro an. Büchersendungen gehen dann nur noch „Groß“ oder „Maxi“ auf die Reise — mit Preisen von 1,00 Euro und 1,65 Euro.

Lohnsteuer-Freibeträge Als Vereinfachung für Arbeitnehmer soll die Finanzverwaltung auf Antrag erlauben, Lohnsteuer-Freibeträge künftig (spätestens ab Kalenderjahr 2015) auf zwei Kalenderjahre zu verlängern. Ein jährlicher Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt könnte damit entfallen. Auch dieser Punkt ist Teil des Jahressteuergesetzes 2013.

Elektroautos Elektrofahrzeuge einschließlich Brennstoffzellenfahrzeugen mit Erstzulassung vom 18. Mai 2011 bis 31. Dezember 2015 sollen für zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit werden. Weitere Steueranreize soll es für Elektroautos als Dienstwagen geben.

Steuerabkommen Sollte das Abkommen wider Erwarten doch noch zum 1. Januar in Kraft treten, soll auf das bei Schweizer Banken liegende Schwarzgeld deutscher Anleger einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent auf das Kapitalvermögen (nicht die Erträge) an den deutschen Fiskus überwiesen werden — anonym und rückwirkend für zehn Jahre. Künftige Kapitalerträge sollen ab 2013 genauso besteuert werden wie in Deutschland. Für Erbschaften gibt es eine Lösung: Erhebung in Höhe von 50 Prozent oder namentliche Meldung. Eine Einigung im Vermittlungsausschuss ist aber noch nicht in Sicht.

Übungsleiterpauschale Nebenberufliche Tätigkeiten wie die Arbeit als Trainer, Ausbilder oder Betreuer sollen künftig stärker begünstigt werden. Die steuerfreie Übungsleiterpauschale würde dann von derzeit 2100 auf 2400 Euro steigen. Zudem soll die „Ehrenamtspauschale“ um 220 auf 720 Euro steigen. Die Änderungen werden voraussichtlich erst Anfang 2013 beschlossen, sollen rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten.

Riester-/Rürup-Rente Das steuerliche Abzugsvolumen für eine Basisversorgung im Alter und damit die Fördergrenze soll von 20 000 auf 24 000 Euro angehoben werden. Riester-Spargelder sollen im Falle einer Privatinsolvenz besser geschützt sein. Auch die steuerlich begünstigte Absicherung von Berufs- und Erwerbsunfähigkeit soll verbessert werden, ebenso der Erwerbsminderungsschutz. Die Pläne werden erst Anfang 2013 beschlossen.

Wehrsold Der Grundwehrsold beim freiwilligen Wehrdienst und das Taschengeld für den Bundesfreiwilligendienst sollen steuerfrei bleiben. Steuerpflichtig sollen bei Dienstverhältnissen ab dem kommenden Jahr etwa der Wehrdienstzuschlag, besondere Zuwendungen sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung werden. Erstmals steuerfrei gestellt sind Geldbezüge bei anderen Diensten, für die es auch Kindergeld gibt (etwa freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr). dpa/Red

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