Die Zukunft heißt Telemedizin

Ärztliche Hilfe ohne direkten Patienten-Kontakt – das ist Schwerpunkt der weltgrößten Medizinmesse.

Düsseldorf. Eine vernetzte Medizin, die Fachwissen zusammenführt und den Privathaushalt zum Gesundheitsstandort macht: Die größte Medizinmesse der Welt, die Düsseldorfer Medica, zeigt ab Mittwoch die Gesundheitsversorgung der Zukunft.

Neue Technik soll die Betreuung chronisch Kranker verbessern und die Nachsorge nach einem Krankenhausaufenthalt optimieren (Homecare), Hilfe im Wohnumfeld gewährleisten (Ambient Assisted Living) und medizinische Dienstleistungen ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt ermöglichen (Telemedizin).

"Gerade unsere alternde Gesellschaft profitiert von den technischen Innovationen", sagt Prof. Werner Scherbaum, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Medizin, die den Medica-Kongress, die größte medizinische Fortbildungsveranstaltung Deutschlands, organisiert.

Wer etwa einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommt, kann danach die Daten des Gerätes via Monitor und Internet an den Facharzt übertragen, der per Fernkonsultation den Zustand des Patienten einschätzen und die Therapie einstellen kann.

"Telemedizin kann Folgeschäden verringern, die Zahl der Klinikaufenthalte reduzieren und die Therapietreue steigern". sagt Beatrix Reiß vom Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen in Krefeld. "Das senkt mittelfristig Kosten."

In der vernetzten Medizin bekommt der Patient aber auch mehr Eigenverantwortung. So ist der sogenannte Health Manager (Gesundheits-Manager) eine der Innovationen auf der Medica. Mit spezieller Hard- und Software kann jeder täglich zu Hause Gewicht, Körperfett, Muskelmasse, Blutdruck und Blutzucker kontrollieren.

Das Gerät wertet die Daten aus und gibt Verhaltensempfehlungen. "Die Daten können optional in eine elektronische Patientenakte eingespeist und an behandelnde Ärzte übermittelt werden", sagt Marcel Wientjes vom Hersteller Biocomfort.

Angst vor Computern müssen Senioren dabei nicht haben: Die Branche arbeitet an altersgerechten Syst-emen, die nur über den Telefonanschluss oder per Handy funktionieren.

Telemonitoring zur Gesundheitsüberwachung wird bislang vor allem bei Herzpatienten und Diabetikern eingesetzt, mehr und mehr auch bei Dialysepatienten. Telemedizin ist nicht für jede Erkrankung sinnvoll, kann aber ganz individuell zugeschnitten werden.

"Die Medizin der Zukunft", sagt Werner Scherbaum, "wird eine Medizin sein, die mithilfe individueller Diagnostik eine maßgeschneiderte Therapie für den einzelnen Patienten bietet."

Aus der Mikrotechnik etwa kommen Sensoren, die prüfen können, ob sich ein pflegebedürftiger Patient noch bewegt. Mikrochips können auch Medikamente dosieren. Rheuma-Medikamente etwa wirken erst nach einigen Stunden. Nimmt man sie beim Aufstehen, ist das zu spät.

"Ein Pflaster mit Chip in der Haut kann die Medizin bereits nachts an den Körper abgeben", erklärt Prof. Holger Reinecke, Leiter des Instituts für Mikrotechnik in Villingen-Schwenningen.

Ebenfalls vorgestellt werden ein kompakter Patientenmonitor, der in die Hosentasche passt und im Krankenhaus mehr Bewegungsmöglichkeit verspricht, sowie ein Drogen-Schnelltest auf Basis einer Speichelprobe und ein Kompressionsstrumpf für Hochleistungssportler.

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