Honig vom Balkon: Der neue Trend zum Imkern

Private Bienenhaltung wird immer beliebter. In Düsseldorf kann man sich die Insekten inzwischen sogar mieten.

Düsseldorf. Dirk Hinrich Otto müsste jetzt eigentlich schreiend wegrennen. Der Essener steht in seinem Garten und ist über und über mit Bienen bedeckt. Seine Hand hat sich in eine braungelbe Masse verwandelt, die Tiere sitzen so dicht, dass kein Stück Haut mehr zu sehen ist. Es summt überall. „Ist das nicht entspannend?“, sagt er.

Für Dirk Hinrich Otto ist die stechfreudige Biene eine Mär. Er pflegt mehrere Völker in seinem Garten — für ihn die schönste Form des Umweltschutzes. Denn ohne die Tiere gäbe es weder Äpfel am Baum noch Blumen auf der Wiese. „80 Prozent aller Pflanzen sind davon abhängig, dass sie von Bienen bestäubt werden“, sagt auch der Düsseldorfer Uwe Plath. Beide Männer helfen anderen dabei, Bienenvölker im Garten oder auf dem Balkon zu halten — und liegen damit voll im Trend.

„Urban Imkering" nennt sich der neue Hang zur privaten Bienenhaltung. Seinen Anfang nahm er in New York, wo vor einigen Jahren erstmals Naturfreunde Bienenstöcke auf Hochhausdächer stellten. Mittlerweile gibt es Honig aus den Blüten des Central Parks. Der Hintergrund: Auf dem Land finden Bienen oft nicht mehr genug Nahrung. Schuld daran sind Pestizide und Monokulturen wie Raps und Mais. „Bunte Stadtgärten bieten da manchmal einen besseren Lebensraum“, sagt Cornelis Hemmer von „Berlin summt“. Der Verein macht in der Hauptstadt an besonderen Orten auf die Bedeutung der Bienenhaltung aufmerksam. Unter anderem stehen Stöcke am Berliner Dom und Schloss Charlottenburg.

Uwe Plath aus Düsseldorf und sein Imkerverein Apidea mellfica haben sich das Konzept „Rent a Bee“ („Miete eine Biene“) ausgedacht. Gegen eine Gebühr von 30 Euro kann man in der Hauptzeit zwischen April und Ende Juli am Vereinsstandort Bienen versorgen. Danach entscheidet der Mieter, ob er ein Volk behalten möchte. „Bislang hat noch keiner aufgehört“, sagt Uwe Plath. 55 Mitglieder hat der Verein so gewonnen.

Dirk Hinrich Otto aus Essen hat die Initiative „2010 Königinnen für das Ruhrgebiet“ gegründet. Auch dort kann man nach einem Probejahr ein Volk übernehmen. 40 Personen machen schon mit, es gibt eine Warteliste.

Wenn man ihn fragt, was die Faszination der Bienenhaltung ausmacht, reicht eine Geste. Er deutet auf einen Holzkasten, der gerade frisch von einem Schwarm mit Waben bebaut wird. Wer sich hinunter beugt, dem steigt ein unvergesslicher Duft in die Nase: eine Mischung aus Blüten und Honig, zart und eindringlich zugleich — ein wahres Wunder der Natur.

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