Bei Klettersteigen die Länge nicht unterschätzen

München (dpa/tmn) - Statistisch gesehen ist Bergsport ziemlich ungefährlich. Vor allem an Klettersteigen häufen sich aber Notfälle. Selbstüberschätzung ist hier immer öfter der Grund für Bergrettungen.

Ein Experte erklärt, wie Bergsportler sich schützen.

In den Bergen gibt es gemessen an der steigenden Zahl der Sportler immer weniger Tote und Verletzte - dafür muss die Bergwacht immer häufiger erschöpfte und überforderte Menschen aus Bergnot retten. Mangelhafte Kondition und Selbstüberschätzung seien immer öfter Gründe für Hilferufe, bilanzierte der Deutsche Alpenverein (DAV) am Donnerstag (2. August) in München in seiner Bergunfallstatistik 2011. An der Ausrüstung mangele es hingegen nicht.

Zwar zählte der DAV 2011 erstmals mehr als 1000 Unfälle und Notfälle, jedoch stützt er sich auf Daten seiner Mitglieder - da deren Zahl kontinuierlich wächst, steigen auch die absoluten Unfallzahlen. Das rechnerische Risiko ist deutlich gesunken. Vor 60 Jahren hatte der Alpenverein rund 114 000 Mitglieder - dennoch gab es mit 43 fast genauso viele Todesopfer wie 2011 mit 45 Toten bei 920 000 Mitgliedern. Das Risiko fiel von rund 0,03 auf rund 0,005 Prozent.

„Es gibt grundsätzlich einen positiven Trend im Unfallgeschehen: Bei immer mehr Sportlern im Gebirge nimmt die Zahl der tödlichen Unfälle prozentual ab“, sagte DAV-Vizepräsident Guido Köstermeyer. Eine alarmierende Zunahme der Unfälle sieht der DAV allerdings an Klettersteigen. Dort verdoppelte sich die Zahl der gemeldeten Unfälle binnen fünf Jahren.

Doch wie können Bergsportler sich vor gefährlichen Situationen schützen? Sie müssen nicht nur der technischen Schwierigkeit eines Klettersteigs gewachsen sein, sondern auch seiner Länge, erläutert Thomas Bucher vom DAV. „Viele überschätzen die eigene Kraft und Kondition.“ Das sei einer der Hauptgründe für Unfälle. „Es sind hauptsächlich die betroffen, die schon 10 bis 30 Mal einen Klettersteig gemacht haben, nicht die komplett Unerfahrenen.“ Bucher rät Anfängern dazu, erst einen Kurs zu machen und dann das Niveau - also Schwierigkeitsgrad und Länge - langsam zu steigern.

Es gebe immer mehr schwere und lange Steige durch hohe Felswände, berichtet Bucher. „Jede Gemeinde meint, sie muss jetzt auch einen extrem schwierigen Klettersteig haben.“ Das führt dazu, dass viele Bergsteiger in der Wand irgendwann feststecken: „Man kommt nicht mehr vor und zurück, einfach weil die Kraft fehlt.“ Diese Notlage ist auch der Hauptgrund dafür, dass der Rettungshubschrauber ausrücken muss.

Bucher rät auch dazu, vor jeder Tour den Wetterbericht zu checken. Gefährlich wird es bei Gewitter: „Dann wirkt das Stahlseil wie ein Blitzableiter.“ Zur Grundausrüstung gehören Helm, Klettergurt und Klettersteigset. Das Set, das den Kletterer mit dem Seil in der Wand verbindet, müsse an das Körpergewicht angepasst sein. „Da würde ich gleich im Geschäft nach fragen.“ Ist das Set auf ein zu hohes Gewicht ausgerichtet, bremst der Bandfalldämpfer bei einem Absturz nicht richtig. Die Verletzungen durch den ruckartigen Aufprall sind dann oft besonders schwer.

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