Geld zurück bei Streik? Die Rechte der Bahnkunden

Berlin (dpa) - Reisende sitzen fest, Pendler erscheinen zu spät bei der Arbeit: Der Lokführerstreik zerrt an den Nerven der Bahnkunden. Doch sie müssen nicht alles hinnehmen. Welche Rechte und Pflichten sie haben, ist hier zusammengefasst.

Ich habe meinen Zug verpasst. Bekomme ich das Geld zurück?

Die Deutsche Bahn erstattet jenen Kunden die Fahrkarten und Reservierungen, die aufgrund des Streiks ihre Fahrt nicht antreten konnten. Alternativ können Reisende den nächsten, gegebenenfalls auch höherwertigen Zug nutzen. In diesem Fall wird bei Angeboten wie dem Sparpreis auch die Zugbindung aufgehoben. Für Zeitkarten gelten die tariflichen Umtausch- und Erstattungsbedingungen, für Verbundfahrkarten die Regelungen der jeweiligen Verkehrsverbünde.

Gelten die üblichen Fahrgastrechte?

Diese Frage ist umstritten. Für die Deutsche Bahn sind die Streiks höhere Gewalt. Das sieht auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) so. Für Kunden heißt das: Die üblichen Regeln zu Fahrgastrechten gelten nicht. Sie sehen vor, dass Bahnreisende 25 Prozent des Preises zurückerhalten, wenn der Zug mindestens 60 Minuten verspätet am Ziel ankommt. Ab einer Verspätung von 120 Minuten bekommen sie die Hälfte erstattet.

Der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover ist in diesem Punkt anderer Meinung. „Streiks sind keine höhere Gewalt“, sagt er. Kunden hätten also durchaus die Möglichkeit, ihre Rechte geltend zu machen. Dazu sollten sie sich am Service-Point auf dem Bahnhof schriftlich bestätigen lassen, dass ihr Zug ausgefallen ist und sich mit ihrer Forderung an die Bahn wenden.

Wo kann ich mein Geld zurückfordern?

Bahnkunden mit Online-Tickets können im Internet ein Formular ausfüllen. Tickets aus Automaten oder Reisezentren werden nur in den Reisezentren erstattet. Inhaber einer BahnCard 100 schicken eine E-Mail an [email protected]. Sind Kunden mit dieser Regelung nicht zufrieden, können sie sich für Reklamationen an die SÖP wenden. Dort wird versucht, einen Kompromiss zu finden.

Wo bekomme ich Infos über die aktuelle Lage?

Die Bahn hat kostenlose Hotlines geschaltet. Unter der Rufnummer 08000/996633 können sich Fahrgäste über die konkreten Auswirkungen der Streikaktionen informieren. Kunden im Ausland erhalten Informationen unter 0049/1805 334444. Details sind auch im Internet zu erfahren. Außerdem ist eine Hotline für Berliner S-Bahnkunden unter der Rufnummer 08000/996633 geschaltet. Zudem gibt es Informationen auf dem Internetportal der S-Bahn. Nutzer mobiler Endgeräte erhalten Informationen unter „m.bahn.de/ris“.

Bin ich versichert, wenn ich eine Fahrgemeinschaft bilde?

Arbeitnehmer, die wegen des Streiks Auto-Fahrgemeinschaften bilden, sind gesetzlich unfallversichert. Darauf weist der Gemeinde-Unfallversicherungsverband Hannover hin. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Fahrgemeinschaften regelmäßig oder wie in einem solchen Fall nur gelegentlich genutzt werden. Auch Umwege seien dabei erlaubt, etwa wenn die Mitfahrer bei unterschiedlichen Arbeitgebern beschäftigt sind. Somit sei die Mitnahme der Ehefrau ebenso versichert wie die Beförderung von unfallversicherten Schul - oder Kindergartenkindern. Ausgenommen vom Versicherungsschutz seien private Umwege, wie die Fahrt zur Bank.

Ich bin zu spät zur Arbeit gekommen. Was nun?

Mitarbeiter müssen grundsätzlich pünktlich sein, erklärt der Arbeitsrechtler Prof. Jobst-Hubertus Bauer aus Stuttgart. Sie tragen das sogenannte Wegerisiko - es ist ihr Problem, wenn der Weg zur Arbeit länger dauert. Wird ein Streik angekündigt, müssen sich Beschäftigte darauf einstellen.

Kommen sie dennoch zu spät, kann folgendes passieren: Der Mitarbeiter muss die verpasste Zeit nacharbeiten. Es ist auch eine Abmahnung möglich. Der Arbeitgeber dürfe Nachzüglern sogar den Lohn kürzen, sagt der Experte. „So viele Arbeitgeber, die derart streng reagieren, gibt es aber nicht. In solch einer Situation sind die meisten Chefs recht großzügig“, sagt Bauer. Für Arbeitnehmer ist es wichtig, mögliche Verspätungen so früh wie möglich dem Chef und den Kollegen mitzuteilen. Chef und Mitarbeiter könnten dann aushandeln, wie die verlorene Zeit im Job nachgeholt werden kann.

Was können Pauschalurlauber machen?

Wer seinen Flug in den Urlaub verpasst hat, weil der Zug zum Flughafen wegen des Streiks ausgefallen ist, kann den Reisepreis zurückfordern. Urlauber mit „Rail & Fly“-Tickets müssten sich dazu an ihren Reiseveranstalter wenden, sagt Reiserechtler Degott. Dieser müsse dafür geradestehen, denn die Zugfahrt sei Teil des Beförderungspakets. Das habe der Bundesgerichtshof entschieden (Aktenzeichen: Xa ZR 46/10). Möglicherweise stehe Urlaubern sogar Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreuden zu.

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