Komfort statt Sicherheit: Schnickschnack im Wohnmobil

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Fußbodenheizung, Mini-Kläranlage, Whirlpool auf dem Dach: Camper haben heute die Wahl zwischen jeder Menge technischer Spielereien. In puncto Sicherheitssysteme sehen manche Wohnmobile dagegen noch ziemlich alt aus.

Camper mussten früher Meister der Improvisation sein. Im Wohnmobil fehlten nicht nur Dusche und Fernseher, sondern auch genügend Platz zum Leben. Die Wagen waren eng, mehr als fahren und schlafen wollte man darin meist nicht. Zum Erholen setzte man sich in die Natur. „Heute reicht das nicht mehr“, sagt Christof Sambel vom Caravaning Industrie Verband (CIVD) in Frankfurt. Denn wer für viel Geld ein Wohnmobil kauft, möchte Komfort wie zu Hause. An die Fahrzeugsicherheit wird dagegen weniger intensiv gedacht.

„Ganz klar im Trend liegt im Moment das Thema Wellness“, sagt Sambel. Es gibt Sitze mit Massagefunktion und einen Whirlpool fürs Dach. Stark im Kommen seien Satellitenempfang, Internetanschluss und Flachbildfernseher, sagt Dieter Diekmann vom Deutschen Camping Club (DCC) in München.

Der neuste Clou der Hersteller firmiert unter dem Schlagwort „grünes Wohnmobil“. Statt auf Energiefresser setzen die Entwickler nun auf umweltschonende Technik. „Die Entwicklung geht ganz klar in die Richtung“, sagt Diekmann. Die Palette der ökologischen Komponenten ist riesig, sie reicht vom Absorptionskühlschrank bis zum Windrad auf dem Dach. Solaranlagen richten sich selbst nach dem Stand der Sonne aus, ein eingebautes Mini-Klärwerk säubert das Abwasser.

„Die technischen Entwicklungen haben den Alltag erheblich erleichtert“, findet Diekmann. „Früher gab es nicht mal einen Boiler für Warmwasser.“ Heute gehören Boiler und Dusche zur Standardausrüstung. „Auf Komfort und Technik wollen die wenigsten verzichten“, sagt Sambel.

Doch mit den Annehmlichkeiten kommen die Probleme. Die viele Technik macht das Wohnmobil schwerer. So sinken die Zuladungsgrenzen, die Gefahr des Überladens steigt. Es gebe Wohnmobile, die leer mehr als 3,2 Tonnen auf die Waage bringen und nur bis 3,5 Tonnen zugelassen sind, sagt Lothar Angermund vom ADAC in München. „Wenn ich jetzt mit Frau und Kind einsteige, bin ich schon fast über der Grenze.“ Der Wassertank müsste dann leerbleiben.

Auf die Sicherheitstechnik verwenden die Hersteller weniger Energie: Seitenairbags, Abstandswarner und elektronische Anti-Schleuder-Systeme (ESP) fehlen bislang im Wohnmobil. „In jedem Auto ist das längst Standard“, ärgert sich Angermund. Erst nach und nach sickern die Entwicklungen aus der PKW- in die Wohnmobil-Welt.

Angermund erklärt sich den Nachholbedarf mit den Kosten: „Die Sicherheitssysteme vom kleinen Auto auf große Wagen zu übertragen, ist sehr teuer.“ Viele Hersteller scheuen die Ausgaben und verbauen stattdessen lieber einen Flachbildfernseher oder einen Massagesitz.

„Quatsch“ und „wirklich gefährlich“ seien Fahrradträger an der Rückseite des Wagens, warnt DCC-Experte Diekmann: „Sie verstärken die Pendelbewegung und erhöhen die Unfallgefahr.“ Auch von einer Doppelverglasung sollte man die Finger lassen, rät Angermund. Zwar gehe mit ihr weniger Wärme verloren, aber bei einem bestimmten Lichteinfall entstünden „wahnsinnige Spiegelungen“.

In die Kategorie „Schnickschnack“ fällt der Trend zur LED-Leuchte. Zwar senken die kleinen Lämpchen den Stromverbrauch. Der normale Wohnmobilist, der vier Wochen im Jahr unterwegs ist und an der Steckdose am Campingplatz hängt, habe davon aber wenig, sagt Diekmann. Nützlich seien die Dioden für Camper, die herumreisen und über eine autarke Energieversorgung verfügen.

Auf ein Navigationsgerät dagegen will heute kaum noch ein Camper verzichten. „Das ist heute in jedem Wohnmobil Standard“, sagt Diekmann. Neu auf dem Markt und ausgefallener seien Geräte, bei denen sich die Höhe, Breite und Länge des Wagens eingeben lassen. „Das Navi leitet mich dann nur über Strecken, die breit genug sind, um wenden und ausweichen zu können.“ In jedem Fall lohnt sich auch der Kauf eines Rauchmelders. Wenn es brennt, geht sonst ein kleines Vermögen in Flammen auf. So viel Sicherheit sollte zumindest sein.

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