15 Sekunden auf 100 Meter: Ein Sprint auf Stilettos

Der 1. Öger High-Heels-Lauf war ein illustres Vorprogramm für den Runtalya. Tolle Ausblicke inklusive.

Es gibt Länder, in denen es laufend Überraschungen gibt. So entpuppt sich die Premiere in Antalya als skurrile Modenschau: Die einen tragen spitze Absätze zu bequemen Turnhosen, die anderen kombinieren sie stilecht mit einem engen Rock, bei dem man sich fragt, wie man damit überhaupt laufen kann — geschweige denn sprinten.

Doch es klappt tatsächlich: Beide Varianten ziehen die Blicke staunender (nicht zuletzt männlicher) Zuschauer auf sich und führen applausverdächtig ins Ziel. Dabei tragen hundert mutige Damen ihre Waffen an den Füßen. Beim 1. Öger High-Heels-Lauf treten sie den Beweis an, dass Klischees fehl am Platz sind, wenn es um einen Platz auf dem Treppchen geht. Zwei Bedingungen gibt es freilich: Die etwas anderen „Laufschuhe“ müssen einen Absatz haben, der mindestens sieben Zentimeter hoch und 1,5 Zentimeter breit ist.

Der Stöckelschuh-Einsatz scheint die ideale Vorbereitung auf einen Marathon zu sein: Am Tag vor der Hauptveranstaltung stimmt sich die internationale Sportlergemeinschaft mit hohen Hacken, Rahmenprogramm und Pasta-Party auf den Runtalya ein.

Manch eine kann da nur neidisch zuschauen: „Ich hätte auch gern mitgemacht, war bei der Anmeldung aber nicht schnell genug“, bedauert Serpil. Immerhin: Ihre Schwester gehört zu den Glücklichen, die einen Startplatz ergattert haben. Serpil unterstützt sie nicht nur, in dem sie die Daumen drückt: „Wir haben gemeinsam trainiert. Mit Stöckelschuhen auf dem Sportplatz.“

Einen freut der Anblick spitzer Hacken ganz besonders: Deniz Öger hat der Run auf die Anmeldeliste überrascht. Der Veranstalter ist sichtlich zufrieden: „Wir hatten 100 Startplätze — innerhalb von nur drei Tagen waren alle vergeben.“

Weit mehr Schweiß fließt jedoch am Tag danach: Rund 3300 Sportler starten beim 7. Internationalen Runtalya. Wer Marathon, Halbmarathon oder zehn Kilometer absolviert, hat seine Stöckelschuhe allerdings im Wohn- oder Hotelzimmer gelassen. 550 Deutsche sind diesmal angereist, etwas weniger als im Jahr zuvor. Dafür ist die Zahl der türkischen Läufer gestiegen. Für Öger beweist das: „Die Türken zeigen immer mehr Begeisterung für den Laufsport.“

Es locken gute Laufbedingungen, frühlingshafte Temperaturen und jede Menge Sonnenschein auf die Strecke, die Athleten aus 25 Nationen von der Glaspyramide über das Hadrianstor in der Altstadt bis nach Lara führt. Vorbei an 15 Verpflegungsständen mit 36 000 Wasserflaschen, sechs Tonnen Äpfeln, Bananen und Orangen, 11 000 Wasser-Schwämmen, 5700 Müsli-Riegeln und 5000 Sesamkringeln, die im Ziel warten. Und wer bis dahin den Ausblick auf das Mittelmeer und das schneebedeckte Taurusgebirge genießt, kann sich gleich von Sigrid Eichner inspirieren lassen. Die 71-Jährige läuft ihren fünften Runtalya und hat weltweit mehr Langstrecken gemeistert als jede andere Frau.

Nach mehr als 1600 Marathons macht der Weltrekordhalterin niemand mehr etwas vor. Auch nicht die Pionierinnen, die bei der Stöckelschuh-Premiere alles gegeben haben: Als Erste hat Semra den Wettlauf gegen die Uhr gewonnen. Knapp 15 Sekunden dauerte ihr Stiletto-Sprint über hundert Meter. Der schnelle Einsatz auf zwei Pfennigabsätzen hat sich gelohnt: Umgerechnet 1500 Euro hat ihr der Stiletto-Sieg eingebracht. Da müsste ein neues Paar Stöckelschuhe als Belohnung doch wohl „drin sein“.

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