„Achtes Weltwunder“: Mit dem Schiff durch den Panama-Kanal

Panama City (dpa/tmn) - Bis heute gilt der Panama-Kanal als eines der wagemutigsten und faszinierendsten Bau-Projekte aller Zeiten. Genau 100 Jahre nach seiner Einweihung ist eine Schiffsdurchquerung immer noch ein besonderes Abenteuer.

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Ein strahlend weißes Licht am Horizont weist den Weg. Solange es weiß bleibt, hält das Kreuzfahrtschiff Kurs und treibt genau in der Mitte der Fahrrinne auf die Einfahrt des Panama-Kanals zu. In der Ferne taucht aus dem Nebel des frühen Morgens die glänzende Hochhaus-Skyline von Panama-City auf. Obwohl die Sonne gerade erst zaghaft aufgegangen ist, sind die Temperaturen schon auf fast 30 Grad geklettert.

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Dicht gedrängt und leicht schwitzend stehen Dutzende Passagiere auf dem offenen Vorderdeck der „Island Princess“ und starren gebannt in Richtung des Lichtes. Seit rund einer Woche sind sie schon auf dem Kreuzfahrtschiff unterwegs, sind in Los Angeles eingestiegen und haben Stopps in Mexiko, Nicaragua und Costa Rica hinter sich, aber jetzt erwartet sie das Highlight der Reise: die Durchquerung des Panama-Kanals - 100 Jahre nach der Premiere: Am 15. August 1914 passierte erstmals ein Schiff mit rund 200 Menschen den fertigen Kanal. Rund zehnmal so viele stehen nun an Deck der „Island Princess“ und staunen. Fotoapparate klicken.

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„Guten Morgen“, schallt es durch die Lautsprecher. Die Stimme gehört Bill Keene, einem Rentner aus Südkalifornien, der lange Jahre als Architekt und Ingenieur gearbeitet hat. Heute jobbt er als Experte für den Panama-Kanal auf Kreuzfahrtschiffen. „Ich wünsche euch allen einen großartigen Tag im Kanal.“

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Die Skyline von Panama City kommt langsam näher, als das Schiff am Amador Causeway, einem Damm vor der Stadt, entlangfährt. In einem kleinen Boot kommen drei panamesische Kapitäne an Bord, die den eigentlichen Chef des Schiffs, den italienischen Kapitän Mariano Manfuso, bei der Durchquerung des Kanals unterstützen.

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Das Schiff steuert die erste von drei Schleusen an. Ein grüner Pfeil weist die linke Kammer zu. Ursprünglich war der Kanal von den Franzosen komplett auf Meeresspiegel-Niveau geplant gewesen, aber die Topographie Panamas ließ das nicht zu. Auf der 82 Kilometer langen Strecke müssen neben vier Klimazonen auch insgesamt rund 26 Höhenmeter überwunden werden. Vor der Miraflores-Schleuse sind knapp 30 Schiffsvertäuer an Bord gekommen, die nun Taue an acht elektrische Lokomotiven knüpfen. Noch heute werden die kleinen, silbernen Loks liebevoll „Mulis“ genannt, denn einst wurde ihre Arbeit wirklich von Maultieren erledigt.

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Gerade einmal sechs Zentimeter trennen das Schiff auf jeder Seite von der Schleusenmauer, ein äußerst schwieriges Manöver. So viel Verantwortung lasse ihn nachts manchmal kaum schlafen, gibt Kapitän Manfuso zu.

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Auf die Miraflores-Schleuse folgt die Pedro-Miguel-Schleuse, und danach fährt das Schiff langsam in das engste Stück des Weges ein, den Culebra Cut. Hier ist die kontinentale Wasserscheide, der höchste Punkt der Strecke und auch der Punkt, der den Erbauern am meisten Schwierigkeiten bereitete: die „Cucaracha“ (Kakerlaken)-Formation. Andauernd rutschte hier während der Bauarbeiten die Erde wieder zurück in den ausgegrabenen Kanal.

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Rund die Hälfte der insgesamt etwa zehnstündigen Durchquerung ist absolviert, als das Schiff vom Culebra Cut in den Gatun-See einfährt. Hier wird es ruhig. Zahlreiche bewaldete Inseln liegen im grünblauen Wasser. Sie sind Überreste des dichten Regenwalds, der hier einst stand. Bevor die Gegend geflutet und zum See wurde, waren die Inseln Hügelspitzen.

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Viele Passagiere haben sich inzwischen in ihre Kabinen zurückgezogen oder machen sich über das Panama-Buffet am Pool her. „Wir machen da spezielle panamesische Gerichte, zum Beispiel Kuchen oder Süßspeisen ohne Eier, sondern mit dicker, fettiger Milch“, erzählt der deutsche Chefkoch Guido Jendrytzko. „Der Panama-Kanal ist für uns in der Küche der anstrengendste Tag der ganzen Reise.“

Die meisten Besatzungsmitglieder sind schon Dutzende Male durch den Panama-Kanal gefahren. „Wenn man es einmal gesehen hat, hat man es gesehen“, sagt Fitnesstrainerin Lischka, und auch Kellner Enrique von den Philippinen geht während der Überfahrt nicht mehr extra auf ein Außendeck. „Ach, ich mag den Kanal nicht, viel zu heiß, wie bei mir zu Hause.“

Die Passagiere aber, von denen besonders unter den US-Amerikanern einige persönliche Beziehungen zu früheren Mitarbeitern des Panama-Kanals haben, sind begeistert: „Es ist einfach unglaublich, wie das hier alles funktioniert, und dass es auch 100 Jahre nach der Eröffnung noch so gut klappt. Und dann die Größe der Schiffe - unfassbar. Es ist wie ein achtes Weltwunder“, schwärmt Dan Keily.

Das Schiff biegt inzwischen auf die Zielgerade ein. Nur noch die Gatun-Schleuse trennt es vom Salzwasser des Atlantiks. Fast alle Passagiere drängeln sich nun wieder auf den Außendecks des Schiffs, um das Manövrieren entlang der Schleusenwände, die Mulis und die Kanalmitarbeiter zu beobachten.

Geblieben sind dem Schiff einige sogenannte „Panama-Kanal-Stempel“ - schwarze Schleifspuren an den weißen Außenseiten vom Entlangschrappen an den Schleusenwänden. Im nächsten Hafen werden Schiffsmaler diese Markierungen entfernen. „Es wird wohl langsam Zeit, dass ich aufhöre zu reden“, dringt ein letztes Mal die Stimme von Kanal-Experte Keene durch die Lautsprecher. „Ich hoffe, ihr habt euren Tag im Panama-Kanal genossen. Ich auf jeden Fall, es ist mein Lieblingstag der Reise, und es war meine 29. Durchquerung. Jede davon war anders und jede war unvergesslich.“

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