Auf den Spuren der Cherokee in Tennessee

Vonore (dpa/tmn) - Dreieinhalb Monate dauerte der Treck der Cherokee einst, 900 Meilen wurden sie nach Westen getrieben. Ein Viertel überlebte den Marsch nicht. Mittlerweile erinnern mehrere Museen in ihrem Stammland Tennessee an den „Trail of Tears“.

Auf der Wiese im regenverhangenen Tal des Tennessee River tanzen Indianer. Rhythmisches Kriegsgeheul ertönt. Die Männer tragen Leder-Gamaschen, Mokassins, und sie haben Federn im lackschwarzen Haar. Die Gesichter sind bunt bemalt, der Ausdruck grimmig. Sie tanzen den Bärentanz - zur Musik von Trommeln und Flöten, geduckt umeinander schleichend, kraftvoll, beeindruckend. Und das hier im tiefen Süden der USA, der für Country Musik, Gospel und Elvis Presley berühmt ist.

Aber im „Sequoyah Birthplace Museum“ nahe der Kleinstadt Vonore am Cherokee National Forest erinnern die Cherokee-Indianer von Tennessee an ihre Vergangenheit. Dieses Fleckchen Erde war einst ihr Stammesland. Heute tanzen sie in traditioneller Jagd-Kleidung, in der sie vor mehr als 175 Jahren durch die Smoky Mountains streiften.

„Normalerweise tragen wir keine Indianer-Tracht“, sagt Sony Ledford, ein Baum von einem Mann. Er ist in Jeans und Lederjacke mit dem Motorrad hierher gefahren, arbeitet als Automechaniker und lebt in einem kleinen Farmhaus. Nur für das Big Island Festival legen er und seine Stammesbrüder die traditionelle Kluft der Vorfahren an.

Schon vor 8000 Jahren besiedelten Einwanderern aus Asien die heutigen Bundesstaaten Georgia, North Carolina und Tennessee. Sie waren die Ahnen der Cherokee und anderer Stämme wie der Creeks, Choctaw und Chicasaw. Im 16. und 17. Jahrhundert kamen Spanier und Franzosen, und mit ihnen kamen Krankheiten wie Masern und Pocken, die die Indianer schnell dahinrafften. Als die Engländer um 1800 von der Atlantikküste ins Landesinnere vordrangen, wurden die dramatisch dezimierten Stämme weiter nach Westen verdrängt.

Der Mocassin Bend in der Stadt Chattanooga, Drehkreuz und größter Handelsplatz des Südens, war der Ort, von dem sich die Cherokee nicht weiter nach Westen drängen lassen wollten. Damit wurde Chattanooga zum Ausgangspunkt ihres „Trail of Tears“, des „Pfades der Tränen“.

Der damalige Präsident Andrew Jackson setzte den Indian Removal Acts gnadenlos um. Das Gesetz von 1836 sah die Zwangsumsiedelung der Stämme aus Tennessee und Georgia ins dünn besiedelte Oklahoma vor. Die Mehrheit der Cherokee stimmte gegen das Gesetz, das Ultimatum für den Exodus lief 1838 aus.

Soldaten zwangen die Cherokee in Sammellager, rissen Familien auseinander, trieben sie mit Waffengewalt in teils überladene Boote an die Anlegestellen in Chattanooga, Charleston und Blythe's Ferry. Die Cherokee wurden gezwungen, mitten im Winter den 900-Meilen-Treck gen Westen anzutreten.

Ausgemergelte Ponys zogen die Planwagen. Viele Menschen, vor allem Frauen und Kinder, starben auf der dreieinhalb Monate dauernden Reise durch unwegsames Gelände nach Oklahoma. Es gab einen Nord- und einen Südweg, dazu eine Wasserroute. Alle waren gleich brutal. Ein Viertel der Vertriebenen habe die Tortur nicht überlebt, steht heute in den Geschichtsbüchern. „Nunna daul Isunyi“ nannten die Cherokee diese Tragödie, „der Weg, auf dem wir weinten“.

Daryl Black steht am Ufer des Tennessee River in Chattanooga und erklärt die Gedenkstätte, die hier an den schmerzvollen Weg der Cherokee erinnert. Sie besteht aus einer Treppe mit Wasserfall, die direkt vom Stadtzentrum hinunter an den Fluss führt, an die ehemalige Anlegestelle Ross's Landing. In die Wand sind sieben große Wappen aus Keramik eingelassen - die Symbole der verschiedenen Clans, die hier auf die Boote gezwungen wurden.

Viele Gemeinden in Tennessee haben mittlerweile Geld gesammelt, um Gedenkstätten zu errichten wie das Cherokee Removal Museum in Blythe's Ferry. Hier spielt Shirley Hoskins eine wichtige Rolle. „Ich wusste immer, dass ich Cherokee-Blut in mir habe“, sagt Shirley, „aber ich wusste nichts über die Deportation“. Die kohlschwarzen Augen im faltigen Gesicht der Dame lassen die indianische Herkunft erahnen. Sie sind voller Tränen.

Die 75-Jährige wurde in Oklahoma geboren. Erst spät erfuhr sie nach ihrem Umzug nach Tennessee von dem traurigen Schicksal ihrer Vorfahren. Seitdem hat sich Shirley dafür eingesetzt, an einem Stausee in der Nähe von Dayton ein Museum zu bauen.

Im Inneren der Blockhütte sind indianische Keramik, Waffenteile und Küchenutensilien in Vitrinen ausgestellt. Draußen ist der „Trail of Tears“ in einem begehbaren Steingarten und auf einer riesigen Landkarte aus Marmor nachgezeichnet. Ein Wanderweg führt zu einem spektakulären Aussichtspunkt, ein anderer an die Anlegestelle Blythe's Ferry, von der die Cherokee damals abtransportiert wurden.

Die Reise durch die Vergangenheit der Cherokee führt weiter zum Red Clay State Park in der Nähe von Collegedale. Hier brennt das ewige Feuer als Erinnerung an den Treck. „Die Cherokee nahmen das Feuer, das hier an ihrem Versammlungsort immer brannte, mit auf die Reise“, erklärt Park Rangerin Erin Medley. In einem Eisentopf trugen sie es bis nach Oklahoma.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ausblick auf das Rathaus des Westfälischen
Per Steckenpferd zum Frieden
Mit einem ganzen Friedensjahr feiern Osnabrück und Umgebung das Jubiläum 375 Jahre Westfälischer FriedenPer Steckenpferd zum Frieden
Innsbruck, die Alpenhauptstadt
Bei unseren Städteempfehlungen für ein Wochenende geht es diesmal um das Zentrum Tirols Innsbruck, die Alpenhauptstadt
Zwischen Fiesta und Filmkulisse
Navarra: Impressionen aus Spaniens Norden – und aus einer Wüste, die eigentlich keine ist Zwischen Fiesta und Filmkulisse
Estlands entlegene Eilande
Roadtrip durchs Baltikum: Ostseeurlaub an Küsten, auf Inseln – in schönster Natur und ohne Massentourismus Estlands entlegene Eilande
Zum Thema
Valencias Altstadt: Die Kathedrale mit dem
Valencia, wie es grünt und knallt
Spaniens drittgrößte Metropole trägt dieses Jahr das Prädikat „Grüne Stadt“ – und feiert im März sein Traditionsfest, die „Fallas“Valencia, wie es grünt und knallt
Tui neu mit Alaska und Lappland
TUI, DER Touristik, FTI und Alltours: Programm-Präsentationen mit neuen Zielen: Wer früh bucht, kann Geld sparen Tui neu mit Alaska und Lappland
Aus dem Ressort