Barrierefreies Reisen: Mit dem Rollstuhl in ferne Länder

Berlin (dpa/tmn) - Im Rollstuhl auf Weltreise? Theoretisch funktioniert das. In der Praxis gibt es für Menschen mit Behinderung aber immer noch große Hindernisse - egal, ob es nach Thailand oder Mallorca geht.

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Manchmal reicht schon ein verspäteter Zug.

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Selbst die höchsten Berge sind kein Hindernis: Auf Teneriffa gelangen Rollstuhlfahrer mit einer Art Sänfte auf den Teide. Dafür braucht es tatkräftige Schubhilfe von Begleitern. Doch für die meisten Menschen mit Behinderung muss es im Urlaub gar nicht der Aufstieg zu Spaniens höchstem Berg sein. Sonne und Strand reichen. Doch wie komme ich in das Flugzeug? Gibt es vor dem Eingang des Hotels eine Treppe? Passt der Rollstuhl durch die Zimmertür?

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Allein in der EU sind 80 Millionen Menschen in ihrer Mobilität oder in ihren Aktivitäten beeinträchtigt - etwas 16 Prozent der Bevölkerung. Sie alle würden von Barrierefreiheit profitieren. Doch was bedeutet der Begriff überhaupt? „Barrierefreiheit bedeutet zunächst einmal, dass jeder ohne fremde Hilfe auf allgemein übliche Art und Weise das machen kann, was er möchte“, erklärt Benjamin Suthe, Leiter der Geschäftsstelle des Vereins Tourismus für Alle Deutschland, der deutschlandweit Tourismusanbieter berät und politische Lobbyarbeit betreibt.

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Barrierefrei bedeutet also zum Beispiel, dass Rollstuhlfahrer nicht über einen Hintereingang ins Hotel gebracht werden, sondern dass es am Haupteingang eine Rampe gibt. Meist hat man bei dem Begriff Rollstuhlfahrer im Kopf. Barrierefreiheit ist aber natürlich auch für Menschen mit einer Sehbehinderung, Gehörlose oder Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung sowie für Senioren oder Familien mit Kinderwagen wichtig. „Die beste barrierefreie Lösung ist die, die in der Planung und Umsetzung möglichst alle mit einbezieht und anspricht“, erklärt Suthe.

„Für die Reisebranche ist das eine Herausforderung“, sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband (DRV). Barrierefreies Reisen sei ein wachsendes Segment. Eigentlich würden Menschen mit Behinderung gerne mehr reisen, haben Studien ergeben. Das größte Problem ist in Suthes Augen fehlende Information. „Es gibt wahrscheinlich viele Angebote für Menschen mit Behinderung, aber niemand weiß davon.“ Auf der anderen Seite werde häufig mit Barrierefreiheit geworben, aber vor Ort weiß niemand, was das eigentlich bedeutet. Deshalb reisen viele Betroffene auch nur dorthin, wo sie sich auskennen.

Viele Regionen haben schon reagiert. In etlichen Bundesländern gibt es Broschüren mit Angeboten. Dazu gehört zum Beispiel das komplett für Rollstuhlfahrer zugängliche Grassimuseum in Leipzig. Ein weiteres Beispiel ist Frankfurt am Main, wo barrierefreie Stadtführungen angeboten werden. Auch bei den Reiseveranstaltern tut sich etwas. Eines der Unternehmen, die sich in Deutschland auf Reisen mit Behinderten spezialisiert hat, ist Runa Reisen. Der Veranstalter wird seit Sommer 2014 von den DER-Reisebüros vertrieben.

Eine Reise für Menschen mit Behinderung zu buchen, unterscheidet sich in einigen Punkten von anderen. Welche Hilfsmittel braucht der Kunde am Urlaubsort? Reicht ein Haltegriff neben dem WC oder müssen es zwei sein? Muss der Passagier bei der Airline vorab angemeldet werden? Für viele Menschen mit Behinderung stelle die Anreise an den Urlaubsort das größte Problem dar, erklärt Suthe. Viele würden deshalb mit dem eigenen Pkw anreisen. Bei Flug- und Bahnunternehmen gebe es zu viele Hürden - obwohl viele Airlines einiges unternehmen, um die Hürden zu verkleinern.

Wie funktioniert das Prozedere zum Beispiel bei Deutschlands größter Airline Lufthansa? Passagieren mit Mobilitätseinschränkungen wird empfohlen, sich bis spätestens 48 Stunden vor Abflug anzumelden. An einigen Flughäfen gibt es separate Check-In-Schalter, kostenlos werden Rollstühle zur Verfügung gestellt, der eigene wird in der Regel im Frachtraum verstaut. Bei der Deutschen Bahn sollten sich Rollstuhlfahrer nach Möglichkeit ebenfalls vor der Reise anmelden, zum Beispiel damit Einstiegslifte zur Verfügung stehen. Doch auch das hat seine Tücken, wie Suthe weiß: „Hat der Zug Verspätung oder verpasse ich den Anschluss, geht manchmal gar nichts mehr, weil dann eben kein Lift mehr zur Verfügung steht.“

Eine weitere Alternative ist das Schiff. „Generell ist eine Kreuzfahrt für Menschen mit Behinderung relativ gut möglich“, urteilt Suthe. Viele Schiffe seien barrierefrei. Doch auch hier gibt es Probleme: „Selbst wenn das Schiff barrierefrei ist, viele Häfen sind es nicht“, erklärt Suthe. Dann sind die Urlauber teilweise gezwungen, auf dem Schiff zu bleiben. Suthe hält es für extrem wichtig, sich vor einer Reise genau zu informieren. „Wenn nur eine Schwelle übersehen würde, ist der ganze Urlaub gegessen.“

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