Bei den Sphinxen von Riga: Die Jugendstilhäuser sind ein Muss

Riga (dpa/tmn) - Bei Jugendstil denkt nicht jeder gleich an Riga. Dabei hat die diesjährige Europäische Kulturhauptstadt auch in dieser Hinsicht viel zu bieten: Ganze Straßen voller Prachtfassaden mit Löwen, Sphinxen, Medusenhäuptern und Fratzen, die böse Blicke werfen.

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In Riga gibt es mehr zu sehen, als Touristen mit überschaubarem Zeitbudget verkraften können. Trotzdem, Aija Kocina lässt in diesem Punkt nicht locker: „Die Jugendstilhäuser sind ein Muss“, sagt die junge Lettin. Aber reicht da nicht ein kurzer Abstecher zu Art Nouveau Riga, dem Souvenirshop in der Strelnieku-Straße, dem größten seiner Art der Welt? Dort gibt es schließlich alles, was das Herz begehrt, für jeden, der Jugendstil mag. Aija Kocina ist unerbittlich. „Da gehen wir später noch hin.“

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Jugendstil gab es in vielen europäischen Städten von Wien bis Chemnitz. Aber in Riga gibt es Straßenzüge, da reiht sich ein Jugendstilhaus an das andere. Da bevölkern Sphinxen, Drachen und Löwen die Prunkfassaden, da schauen die Augen trauriger Frauen aus riesigen Gesichtern auf den Bürgersteig. Die Häuserwände im typischen Jugendstilviertel jenseits des Kronvaldaparks sind wie ein buntes eindrucksvolles Bilderbuch der Architekturgeschichte.

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In der lettischen Hauptstadt entstanden innerhalb weniger Jahre in der Zeit um 1900 und kurz danach rund 800 Jugendstilhäuser, viele davon mit geradezu unverschämt aufwendig dekorierten Fassaden. „Ein Viertel der Altstadthäuser war im Jugendstil gebaut“, erklärt Aija. Aber wie kann das sein? Ausgerechnet in Riga, weit weg von den Zentren Europas, damals am Rand des Russischen Zarenreichs gelegen - wieso boomte der Jugendstil gerade hier?

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Das lag wohl vor allem am Boom der Stadt selbst, die in dieser Zeit nicht nur mit Blick auf die Bevölkerungszahl einen Riesensprung nach vorne machte. Riga wurde nicht nur riesig, sondern viele ihrer Bewohner auch wohlhabend und wollten das zeigen - am besten mit dem architektonisch letzten Schrei, eben: Jugendstil. Aija Kocina biegt in die Alberta-Straße ein. Sie ist nicht sehr lang, die Zahl der Touristen aber groß. Wer sich für Jugendstil interessiert, muss hierher kommen.

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Ein halbes Dutzend Häuser in der Alberta iela sind nach Entwürfen von Michail Eisenstein entstanden. Er war der Vater des sowjetischen Regisseurs Sergej Eisenstein, der mit seinem Film „Panzerkreuzer Potemkin“ frühe Filmgeschichte schrieb. Der Vater, ausgebildeter Architekt, war ein genialer Künstler.

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Als er seine ersten Aufträge bekam, steckte der Jugendstil noch in den Kinderschuhen, verhaftet im Historismus, der in dieser Übergangsphase in mancher Hinsicht bestimmend blieb. Die Eisensteinhäuser in der Alberta iela stammen aus den Jahren 1903 bis 1906 und ziehen den Blick sofort auf sich, weil Eisenstein sich bei der Fassadengestaltung dermaßen kreativ ausgetobt hat, als sei das Motto gewesen: „Machen Sie, was Sie wollen, Hauptsache irre.“

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In der Alberta iela in der Hausnummer 12 hat auch das Rigaer Jugendstilmuseum seinen Platz. Das Haus ist ein Entwurf von Konstantins Peksens. Vor allem das Treppenhaus ist gigantisch. Die meisten Besucher bleiben eine Zeit lang stehen und gucken nach oben: Eine Wendeltreppe schraubt sich Stockwerk um Stockwerk nach oben, die Wände sind kunstvoll und farbenfroh mit Jugendstilornamentik verziert, ganz oben bleibt der Blick an der genauso bunt und detailverliebt gestalteten Decke hängen. Wenn irgendwo ein Treppenhaus ein Gesamtkunstwerk ist, dann hier.

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„Na?“, fragt Aija. Ja doch, räumen alle ein. Sie hat mal wieder recht gehabt. So viel es in Riga auch zu sehen gibt, im Kulturhauptstadtjahr noch einmal mehr, trotzdem: „Die Jugendstilhäuser sind ein Muss.“ Und zu den Souvenirs von Art Nouveau Riga geht es dann gleich danach.

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