Die Parfüminsel: Mayotte ist Frankreichs Paradies

Mamoudzou (dpa/tmn) - Mayotte ist seit März Frankreichs 101. Überseedépartement. Auf der Inselgruppe zwischen Madagaskar und Mosambik gibt es längst Baguette und Blauschimmelkäse. In seiner Seele ist das Naturparadies im Indischen Ozean aber tief afrikanisch geblieben.

In Kani-Kéli beginnt der Tag mit hellen Grunzlauten der Maki-Äffchen in den Bambusstauden und Kokospalmen. „Das ist etwas anderes als das nervige Hupen der Pariser im frühmorgendlichen Verkehrsstau“, sagt Olivier. Der 30-Jährige lebt seit sechs Jahren als Tauchlehrer auf Mayotte. „Ich habe an tollen Orten der Welt gearbeitet, aber Mayotte ist für mich ein Paradies“, sagt er und schaut aufs Meer hinaus. Man kann ihn verstehen.

Die Tropeninsel Mayotte, nur 376 Quadratkilometer groß, liegt zwischen Madagaskar und Mosambik. Mehr als dreimal so groß ist seine Lagune: 1200 Quadratkilometer, eine der größten Lagunen der Welt, umschlossen von einem riesigen Korallenriff. Im Meer drängeln sich orangerot leuchtende Clownfische neben Doktorfischen und den grimmig dreinblickenden Seeteufeln. Das Wasser ist so klar, dass man beim Schnorcheln bis zu 30 Meter tief auf den Grund sieht.

Der gebürtige Bretone Olivier arbeitet im Jardin Maoré, einem kleinen Strandhotel, das an der Plage de N'Gouja liegt. Der Sand ist weiß und warm und lockt nicht nur Badehungrige und Sonnenanbeter an. Zwischen Juni und Oktober bevölkert ihn die Grüne Meeresschildkröte.

Die Panzertiere - sie können so groß werden wie ein Schachtdeckel - kommen zum Brüten hierher. In die tiefen Gruben, die nicht zu verkennen sind, legen die Weibchen bis zu 100 Tennisball-große Eier. Die Brutzeit fällt in die Hochsaison, doch das ist auf Mayotte noch kein Problem. Der Strand ist noch nicht mit Liegestühlen verbaut.

Nur wenige Touristen verirren sich auf den winzigen französischen Außenposten im weiten Ozean. Seit Anfang April 2011 trägt Mayotte stolz den Titel des 101. französischen Départements. Doch der Flughafen ist klein, es gibt nur wenig Straßen und wenig Hotels. Aber Massentourismus soll es auf Mayotte auch nicht geben.

Dem Tourismusverband schwebt ein sanfter Tourismus für zahlungskräftige Reisende vor. Doch der Weg bis dorthin ist noch weit. Noch ist Mayotte, das aus den beiden größeren Inseln „Grande Terre“ und „Petite Terre“ sowie einer Vielzahl an Zwergeninseln besteht, ein Fernreise-Ziel für Individualisten.

Natur ist hier hautnah zu erleben. Beim Schwimmen kann es passieren, dass hier und da eine scheinbar im Meer treibende Kokosnuss auftaucht, die sich als der kurze und kräftig gewölbte Kopf der Meeresschildkröte entpuppt.

Eine der schönsten und naturbelassensten Ecken ist die Pointe de Saziley im Süden. Keine Dörfer, keine Straßen, nur Fußwege, die durch Takamakas, wilde Orchideen, Tulpenbäume und Baobabs führen, an deren Äste kopfunter die imposanten Seychellen-Flughunde hängen. Gelegentlich wehen die süßlichen Düfte der Vanille und der Ylang-Ylang Pflanze in die Nase, aus deren Blüte die Essenz für den Parfümklassiker Chanel N° 5 gewonnen wird.

Parfüminsel wird Mayotte deshalb genannt. Seit 1841 lebt sie unter der Flagge des gallischen Hahns. Damals hatte Sultan Andrian Souli den ehemaligen Piratenstützpunkt an Frankreich verkauft. Als die Komoren sich 1974 für die Unabhängigkeit entschieden, stimmte das Naturparadies für den Verbleib bei Frankreich.

Tief im Herzen aber ist die Insel afrikanisch - auch wenn an den öffentlichen Gebäuden die Trikolore hängt, die Autos französische Kennzeichen tragen, in den Supermärkten der Hauptstadt Mamoudzou Cantal und Blauschimmelkäse ausliegen und in den Boulangerien Baguette und Croissant zu Preisen wie in Paris verkauft werden. Noch heute bestimmen Frauen im Schiromani, dem inseltypischen Wickelrock, die Gesichter mit ockerfarbener Sandelholzpaste geschminkt, das Straßenbild. Die Männer tragen Burnus, einen weiten Kapuzenmantel, und Kofia, die bestickten Kopfbedeckung der afrikanischen Muslime.

„Die Insel ist eine Mischung aus La Réunion und Madagaskar“, sagt Michel. Der Franzose hat vor 20 Jahren in Dzaoudzi auf „Petite Terre“ einen Tauchclub eröffnet. Als Michel Flores von La Réunion nach Mayotte kam, gab es weder fließend Wasser noch Strom. Heute hat sich Mayotte fast dem Lebensstandard seiner Schwesterinsel angepasst.

„Die Insel hat auch die Schönheit der Natur von La Réunion, doch weder Sprache noch Religion sind dieselben“, erklärt der frühere Fallschirmspringer. Französisch ist die Amtssprache der knapp 190 000 Inselbewohner, die Landessprache ist jedoch Mahoisch, ein Swahili-Dialekt, den 95 Prozent der mehrheitlich moslemischen Bevölkerung sprechen.

Michel fühlt sich längst zu Hause, er will auf Mayotte alt werden: „Ich habe hier mein Tauchparadies gefunden. Die Lagune ist durch das doppelte Riff völlig geschützt. Das Wasser ist warm. Es gibt keine meterhohen Wellen, Flora und Fauna sind reich und faszinierend. Kann man sich mehr wünschen?“

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