Eifel: Drei Männer auf Touren

Wandertage im Nationalpark: Blasen an den Füßen und Bierchen zur Belohnung.

Düsseldorf. Im Hotel Schütt in Einruhr hat niemand einen roten Teppich ausgerollt. Es gibt auch kein Empfangskomitee. Obwohl wir es verdient hätten: Nach sechseinhalb Stunden und einem 25-Kilometer-Fußmarsch haben wir das Ziel unserer ersten Eifel-Etappe erreicht.

Der Rücken schmerzt, die Waden fühlen sich an, als wären sie durch einen Fleischwolf gedreht worden. Unter meinen Füßen haben zwei große Blasen die letzten Kilometer zur Qual gemacht. Aber wir sind angekommen, und darauf sind wir stolz.

Als wir im Hotelflur stehen, schießt eine junge Frau auf uns zu. „Da sinn’se ja endlich. Ät wird ja schon dunkel“, sagt sie im Eifeler Dialekt, ohne uns nach dem Namen zu fragen. Immerhin, wir werden schon erwartet. Mehr Gäste kommen heute nicht mehr.

„Un de Stiefel?“, fragt sie und schaut kritisch an uns herab. Dass wir sie ausziehen müssen, weil sie schmutzig sind, macht uns nichts. Der weiche Teppich an der Rezeption ist eine Wohltat für die Füße. Wir bekommen unsere Zimmerschlüssel. Aber bevor wir den letzten Aufstieg, die Treppe hoch in den ersten Stock, machen, lassen wir uns in die schweren Polster im Empfangsbereich fallen — aus denen wir nie mehr aufstehen wollen.

„Möchten’se erst wat trinken?“ trällert die junge Frau. Wir nicken, und stoßen mit Landbier an, auf die erste und längste Tour unserer viertägigen Wanderung auf dem Wildnis-Trail durch den Nationalpark Eifel.

Paul (47), Feuerwehrmann, Stefan (46), Fotograf, und ich (52), Redakteur — wir haben uns für vier Tage von unseren Familien und Freunden verabschiedet, um durch die Nordeifel zu wandern. „Ach, 25 Kilometer, was ist das schon?“ höre ich noch Freunde rufen, als wir ihnen von unserem Abenteuer erzählten. Von wegen: So weit wären sie nie gekommen.

„Morgen sind’s nur 20,5 Kilometer“, sagt Paul beim Abendessen. Nur? Eigentlich wissen wir gar nicht, wie wir am nächsten Tag überhaupt einen Fuß vor den anderen setzen sollen.

Doch tiefer Schlaf wirkt Wunder. Am nächsten Morgen kommen wir schnell in Tritt. Auf schmalen Trampelpfaden, auf Forst- und Waldwegen laufen wir stundenlang durch dunklen Tannenwald und durch bunte Laubwälder. „Indian Summer“ in der Eifel. Vorbei am stillen Obersee, entlang an gurgelnden kleinen Bächen, geht es bergauf und bergab. Über die Dreiborner Hochfläche rund um den Vogelsang und über den Bergrücken des Kermeters und immer weiter, immer weiter. So weit die Füße tragen.

Der Trail ist hervorragend ausgeschildert. Die Wanderkarte bleibt im Rucksack. 85 Kilometer — von Monschau-Höfen bis Zerkall bei Nideggen — gehen wir in vier Tagen. So viele Kilometer ist noch keiner von uns jemals zuvor in dieser Zeit marschiert. Respekt, bitte: 1891 Höhenmeter rauf, 2251 Höhenmeter runter, acht Kilo auf dem Rücken.

Die ersten zehn Kilometer schaffen wir locker in etwas mehr als zwei Stunden. Dann werden die Füße allmählich schwerer und die Beine steif, die Schritte werden kleiner und wir immer langsamer.

Das bestätigt uns die Wander-App, die Stefan auf seinem Tablet im Rucksack aktiviert hat. Wir machen öfter Pause, kommen dann nur mühsam wieder hoch. Nach 20 Kilometern fühlen wir uns selbst am dritten Tag noch wie ausgebrannt. Jeder Meter wird zur Anstrengung.

In Heimbach stehen wir vor der Burg, die über der Stadt auf einem Felsen thront. Wir schauen hoch, schütteln die Köpfe. Keinen Meter mehr als nötig, schon gar nicht bergauf. Schließlich sind es noch zwei Kilometer bis zur Unterkunft. Diese verdammten letzten zwei Kilometer.

Auf der kürzesten Etappe (17,7 Kilometer) rennen wir am vierten Tag die Berge hoch. Jetzt würden wir auch 30 Kilometer packen. Viel schneller als erwartet sind wir am Zielpunkt der Wanderung angekommen: dem Infopunkt des Nationalparks in Zerkall. Dabei könnte es jetzt eigentlich erst so richtig losgehen.

Bevor es mit Bahn und Bus zurück nach Monschau geht, wo unser Auto steht, bekommen wir eine Urkunde, die uns bestätigt, dass wir den Wildnis-Trail „bezwungen“ haben.

Stolz sind wir, und bereit für neue Taten. Einmal im Jahr wollen wir künftig zusammen für ein paar Tage durch die Lande streichen, die Natur genießen, in den Tag hineinwandern. Gute Gespräche haben. Tief durchatmen. Gemeinsam ein Bierchen zischen. Einfach mal weg.

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