Einmalig, aber bedroht: Die Wüsten Namibias

Henties Bay (dpa/tmn) - Seit Kurzem ist Namibias Atlantikküste mit dem Dorob-Park durchgängig durch Nationalparks geschützt. Touristen werden dort einmalige Naturerlebnisse geboten. Doch das Paradies ist bedroht.

Es ist ein diesiger Morgen, vereinzelte Nebelschwaden wehen noch über die weite Fläche aus Lehm und Stein nördlich des kleinen Fischerdorfs Henties Bay. Mit dem Wind kriecht die klamme Kälte bis unter die dicke Skijacke. Außer einer Gruppe Springböcke, die auf der Flucht immer wieder in den hellen Himmel am Horizont springt, bietet die Namib im Nordwesten Namibias auf den ersten Blick wenig Erwärmendes. „Das ist wahrscheinlich der kälteste Tag, an dem ich je unterwegs war„, gibt Touristenführer Rolly Thompson zu.

Der Dorob-Nationalpark ist das letzte Verbindungsstück zwischen dem Skelettküste-Nationalpark und dem Namib-Naukluft-Nationalpark. Gemeinsam mit dem Sperrgebiet-Nationalpark in den Diamantengebieten im Süden steht entlang des gesamten, 1572 Kilometer langen Küstenstreifens damit ein Gebiet von 107 540 Quadratkilometern unter Schutz. Namib-Skelettküste-Nationalpark soll das Gesamtkunstwerk heißen.

Wer über die schnurgeraden Salt Roads an der Skelettküste brettert, jene mit Meerwasser verdichteten Lehmstraßen, die im Nebel tückisch und schmierig werden können, dem erschließt sich der Naturschutzeifer der Namibier zunächst nicht unbedingt. Der Name des neuen Nationalparks scheint die Gegend ausreichend zu beschreiben: Dorob ist der Sprache der Nama entlehnt und steht für „trockenes Land“.

Mit einem Stein in der Hand klimpert Thompson ein Liedchen auf den metallisch klingenden Felsen und erzählt, dass die Afrikaner die freistehenden Hügel „Koppie Alleen“ nennen - einsame Gipfel. Eigentlich treffend, doch ganz so „alleen“ ist „Koppie“ gar nicht: An seinem Hang wächst eine Pflanze, die mit ihrer Schönheit völlig deplatziert wirkt. Kleine, flauschige Blätter, von einem silbrigen Netzschleier umgeben, dazu schneeweiße Blüten, deren Kern wahlweise in Magenta oder Orange leuchtet - ein Südwester Edelweiß.

Durch das unübersichtliche Gewirr der kaum erkennbaren Schotterpisten, vorbei an jahrtausendealten Welwitschias - der mächtigen, windzerzausten Nationalpflanze Namibias - und weit rankenden Bittermelonen-Feldern, die selbst das Wild in der Regel verschmäht, geht die Entdeckungsreise weiter. „Wenn man hier draußen so steht, können die Gedanken wandern“, sagt einer der Gäste plötzlich unverhofft in die überwältigende Stille. Wie wahr.

Menschen können sich dort allerdings auch verlaufen. Der Park ist noch nahezu unerschlossen, es gibt nur einen einzigen Wegweiser, und der zeugt lediglich vom trockenen Humor der Afrikaner. Ein doppelseitiger Pfeil ist darauf zu sehen mit dem Hinweis „Moer Toe“ - zu Deutsch: Fahr zur Hölle.

Ganz so bedrohlich geht es im südlichen Teil des Dorob-Nationalparks nicht zu, die Sandpisten durch die Dünen-Landschaft zwischen Swakopmund und Walvis Bay dürfen ohnehin nur von den Tourguides befahren werden.

Christopher Nel ist einer der Pioniere des ökologisch orientierten Dünen-Tourismus. Fünf Stunden lang erspäht er Chamäleons, gräbt Geckos und Räderspinnen aus dem Sand oder stöbert scheue Sandvipern auf. Der 42-jährige Familienvater liebt den Lebensraum Wüste und kämpft für den Erhalt seines einzigartigen Arbeitsplatzes.

Der bisherige Hauptfeind: Quadbike-Fahrer. Die vierrädrigen Motorräder sind beliebte Action-Spielzeuge für Erwachsene, mit verheerenden Folgen: „Die Namib ist die am meisten zerstörte Wüste der Welt“, sagt Nel. 1000 Fotos hat er gemacht, um das zu belegen. Die Aufnahmen sind verblüffend und erschreckend zugleich: Selbst alte Ochsenwagen-Spuren der ersten Siedler sind in den sensiblen Flechtenfeldern zwischen den Dünen noch klar zu erkennen, daneben die ewig wiederkehrenden Schleifen der Quads.

Die Namib braucht Schutz, denn das trockene Paradies ist bedroht. Das wird jedem deutlich, der sich ihr ein paar Tage lang näher widmet. „Der Nationalpark sollte helfen“, sagt Nel vorsichtig, wartet aber noch auf Taten. „Sie müssen jetzt nur jemanden erwischen und ein Exempel statuieren, dann wäre es vollbracht“, fordert er die Parkbehörde zum Durchgreifen gegen Quad-Fahrer auf.

Doch das ist nicht das einzige Problem. Rolly Thompson schaut den Springböcken hinterher, wie sie weit vor dem Auto mit ihren typischen Schausprüngen immer wieder senkrecht in die Luft gehen und dann rasant gen Horizont entschwinden. Die Szene wirkt idyllisch, ist es aber nicht. „Das zeigt mir, dass hier immer noch illegal gejagt wird, vermutlich aus Autos“, sagt Rolly traurig. Sonst würden die Tiere nicht so früh fliehen.

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