Faul und eilig: Fraser Islands zwei Geschwindigkeiten

Hervey Bay (dpa/tmn) - Wer sich die größte Sandinsel der Welt wie ein Abbild der Sahara vorstellt, liegt falsch: Fast überall ist die Landschaft auf Fraser Island in Australien sehr grün. Urlauber begegnen freundlichen Walen, frechen Dingos und unerwarteten Alkoholkontrollen.

Immer stoppt einen die Polizei da, wo man es nicht vermutet. Eben noch ist der weiße Pick-up über den Sand gesprintet, nun zwingt ein Blauuniformierter den Fahrer zum Halten. Nördlich von Happy Valley, einem Ort am 75-Mile-Beach auf Fraser Island, haben Queenslands Ordnungshüter einen mobilen Posten aufgebaut. Sie suchen jedoch nicht vorrangig nach Rasern - auf der knüppelharten Strandpiste sind 80 Kilometer pro Stunde erlaubt. Sie haben betrunkene Fahrer im Visier. Von denen gibt es auf der weltgrößten Sandinsel vor Australiens Ostküste nicht wenige: Angler zum Beispiel, die in den anbrandenden Pazifikwellen stehen, halten die Rute in der einen Hand - und in der anderen eine Bierdose.

Sich einen faulen Tag machen, angeln, trinken, sonst nichts tun: All das gehört für „Aussies“ zu einem Ausflug nach Fraser Island. Die Insel mit ihren 250 Kilometer langen Stränden, ihrem dichtem Eukalyptusbewuchs und einer seltenen Form von Regenwald ist ein Teil des Great-Sandy-Nationalparks und seit 1992 auch Weltnaturerbe.

Während die „Locals“ die engen, holprigen und hügeligen Trassen im Inselinneren mit ihren Allradautos meistern, warten auf die auswärtigen Ausflügler große Busse mit riesigen Reifen. Jeder Fahrer nimmt bis zu 40 Gäste an Bord, wenn morgens die Fähre vom Festland anlegt. Dann schwärmen die Busse aus, jeder fährt die Attraktionen auf Fraser Island in einer festgelegten Reihenfolge an. Dadurch gehen sich die Gruppen ein wenig aus dem Weg. Länger mal an einem Ort zu bleiben, ist deshalb nicht drin - der nächste Allradbus kommt gleich.

Auch Touristenführer Jon Willert steht jedes Mal spürbar unter Druck, wenn er den Dieselmotor ausschaltet. „Hier haben wir sieben Minuten“, lautet dann die Parole. Oder: „Bitte in zehn Minuten wieder am Bus sein.“ An den Höhepunkten der Tour bleibt aber doch etwas mehr Zeit - zum Beispiel am Lake McKenzie mit seinem glasklaren Wasser. Oder in Central Station, einem alten Holzfällerlager, wo Jon Willert die verschiedenen Baumsorten erklärt, die auf Fraser einst im großen Stil geschlagen wurden.

Holzfällersiedlungen und Sand, Sand, Sand: Das war lange Zeit fast alles, was es auf der Insel gab. Die Männer mit den großen Sägen landeten 75 Jahre nach der Ankunft der ersten Europäer in Australien auf Fraser - und blieben lange. Erst 1991 wurde die Forstwirtschaft eingestellt, um den Unesco-Welterbestatus nicht zu gefährden.

Der Paradestrand ist der 75-Mile-Beach an der Ostküste. Er ist offiziell ein Highway, entsprechend schnell wird gefahren. „Immer gut umschauen“, empfiehlt Jon Willert beim Aussteigen. „Die Brandung ist so laut, da hört man die Autos nicht.“ Und auch nicht die Flugzeuge: Sportmaschinen nutzen den Strand als Start- und Landebahn für Flüge mit Touristen, die das Naturwunder von oben sehen möchten.

Eine andere Attraktion am 75-Mile-Beach ist das Opfer eines Sturms. Nicht weit vom Eli Creek liegt in der Brandung, was von der „Maheno“ übrigblieb. Das 1905 gebaute Passagierschiff sollte 1935 eigentlich zum Abwracken nach Japan geschleppt werden, als es von einem Zyklon an die Küste geworfen wurde. Seitdem rosten die Überreste vor sich hin und sinken immer tiefer in den Sand ein.

Das Betreten des rostroten Wracks ist strikt verboten, auch darauf haben Polizei und Nationalpark-Ranger ein wachsames Auge. „Wer erwischt wird, muss vor Ort hohe Strafen zahlen“, warnt Jon. Das gilt auch für die Angler, die hier in der Brandung stehen und dabei die Delfine beobachten, die ab und zu aus den Wellen hüpfen.

Deutlich größere Meeressäuger sind für viele Touristen ein zweiter Grund, an die Fraser Coast zu reisen: In Hervey Bay auf dem Festland starten von Mitte Juli bis Ende Oktober täglich Ausflugsboote zum „Whale watching“. Einer der bevorzugten Tummelplätze der bis zu 15 Meter langen Buckelwale ist die Platypus-Bucht.

Während er mit seiner „Quick Cat II“ die Bucht ansteuert, erzählt Kapitän Chris Rodgers von den Anfängen der Wal-Touren 1986. Es habe Jahre gegeben, in denen von Flugzeugen aus nach den Meeresgiganten gesucht wurde, die Piloten dirigierten die Boote. „Damit haben wir um 2005 aber wieder aufgehört, weil die Zahl der Wale wieder zugenommen hat“, sagt Rodgers. „Es kommen wieder mehr als 200 Wale pro Saison.“

Es dauert einige Zeit, bis Chris Rodgers an diesem Nachmittag die ersten Tiere gefunden hat, vier große Buckelwale, nahe beisammen. Mal zeigen sie ihre Brustflossen, als wollten sie winken, mal lassen sie die Schwanzflosse theatralisch aus dem Meer ragen. Dann wieder heben sie neugierig ihre mit Seepocken übersäten Köpfe aus dem tiefblauen Wasser oder springen heraus, um krachend wieder einzutauchen. Fast eine Stunde dauert die Show, der Käpt'n ist zufrieden: „Das war Top-Qualität: Die Wale haben alles gezeigt, was sie gerne machen.“

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