In Istanbuls Unterwelt: Der versunkene Palast war eine Zisterne

Istanbul (dpa/tmn) - Als versunkenen Palast bezeichnen Einheimische die Zisterne, die Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert erbaute. Heute kommen nicht nur Istanbul-Touristen auf der Suche nach einer Abkühlung, sondern auch Filmagenten.

Es ist ein eher unscheinbarer Eingang, der unweit der weltberühmten Hagia Sophia in Istanbuls Unterwelt führt. Über eine Treppe steigt man in kühles feuchtes Dunkel, um dann in einem mächtigen Säulendom zu stehen. „Versunkener Palast“ (Yerebatan Sarayi) nennen die Einheimischen dieses fast 1500 Jahre alte Bauwerk, das der oströmische Kaiser Justinian I. zwischen 532 und 542 als Wasserspeicher errichten ließ.

Attila Tasci, ein in Deutschland aufgewachsener türkischer Historiker, rät zum Besuch kurz nach der Öffnung um 9.00 Uhr oder am späteren Nachmittag, wenn die Touristen gerade nicht in die Zisterne strömen. „Sie ist nämlich ganz besonders sehenswert“, sagt er und nennt die Fakten: Zwölf Reihen mit je 28 bis zu acht Meter hohen Marmorsäulen tragen das Ziegelgewölbe. Die mit einem speziellen Mörtel isolierten Mauern erreichen eine Stärke von vier Metern.

„Eine besondere Attraktion sind die beiden aus Stein gemeißelten antiken Medusenköpfe“, erklärt Tasci. Sie dienen als Sockel für zwei der Stützpfeiler. Beim Bau musste die Höhe der meist aus römischer Zeit stammenden Säulen ausgeglichen werden, und die Arbeiter griffen zu vorhandenem Material. Medusa entstammt der griechischen Mythologie, es war ein Ungeheuer mit weiblichen Gesichtszügen.

Holzstege mit Geländern führen die Besucher durch einen Teil der 140 Meter langen und 65 Meter breiten Anlage. Spezielle Lampen werfen ein dezentes Licht auf die Wege und die Architektur, aus dem Hintergrund ertönt leise klassische Musik. Den Boden der Zisterne bedecken etwa 40 Zentimeter klares Wasser, in das Touristen gerne kleine Münzen werfen. Die Fische, die sich hier tummeln, stört das nicht.

„Das Fassungsvermögen der Zisterne beträgt 80 000 Kubikmeter“, berichtet Tasci. „Über Aquädukte floss schon zur byzantinischen Zeit das Wasser aus einem 20 Kilometer entfernten Waldgebiet in einst Dutzende unterirdische Speicher der Altstadt, die über keine eigenen Quellen verfügt.“

In den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts zeigte ein Film erstmals das Innere des versunkenen Palasts einem breiten Publikum: James Bond ließ sich im Boot durch die Zisterne rudern, um einen Geheimeingang zum sowjetischen Konsulat zu erreichen. Das Wasser stand damals höher, die Schlammschicht auf dem Boden war dicker. Erst nach einer aufwendigen Reinigung und Renovierung in den 80er Jahren wurde die Sehenswürdigkeit für das Publikum geöffnet.

In der warmen Jahreszeit am Bosporus, wenn die Temperaturen schweißtreibende Höhen erreichen, suchen Touristen gerne den versunkenen Palast auf. Hier ist es zwar feucht, aber angenehm kühl - für zehn Türkische Lira Eintrittsgeld (rund 4 Euro) ein angenehmes Klima. Durstig braucht auch niemand zu bleiben. Eine Cafeteria mit Sitzmöglichkeiten macht den Aufenthalt noch angenehmer.

Informationen:

Türkisches Fremdenverkehrsamt, Baseler Straße 37, 60329 Frankfurt (Tel.: 069/23 30 81).

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