Krimi an der Küste - Auf den Spuren von „Bretonische Verhältnisse“

Concarneau (dpa/tmn) - Ein Krimi macht den Deutschen derzeit Lust auf die Bretagne. Und die Franzosen an der Küste staunen über neue Gäste, die alle Entrecôte bestellen und Wein aus dem Languedoc trinken wollen.

Schuld ist der Bestseller „Bretonische Verhältnisse“.

Anouck klatscht begeistert in die Hände und dreht sich zu ihrem Ehemann Joris um. „Hast du gehört? Sie haben auch das Buch "Bretonische Verhältnisse" gelesen!“ Der Bestseller von Jean Luc Bannalec zieht immer mehr Deutsche in die Bretagne, auf den Spuren des Autoren, der ein Landsmann sein soll. Der französische Name - ein Pseudonym. Anouck und Joris Delanghe haben ein hübsches kleines Chambre d'Hôte mit Kochschule in Blézouan auf dem Land in der Bretagne, und immer häufiger Zimmeranfragen von Deutschen. Und die erzählen ihren Gastgebern, dass der Krimi „Bretonische Verhältnisse“ sie zum Besuch der Bretagne inspiriert hat.

Wer das Erstlingswerk von Bannalec gelesen hat, in dem ein kauziger Kommissar mit Namen Georges Dupin in der Bretagne den Mordfall an einem gut 90-jährigen Hotelier aufklärt, verspürt in der Tat auf einmal das dringende Bedürfnis nach einer Reise in den Westen Frankreichs. Selbst das bekannt raue Klima an der Atlantikküste schreckt nicht mehr ab. Bannalec schildert das sturmgepeitschte Meer, den durchdringenden feinen Regen und die seltenen Sonnenstunden so anschaulich, dass man beim Umblättern der Buchseiten meint, ein wenig Salz in der Luft zu riechen.

Wer Bretagne sagt, meint wie Bannalec eigentlich die Küste. Zwar gibt es im Landesinneren auch malerische Orte, aber die Landschaft wirkt auf den Neuankömmling ein ganz klein wenig langweilig.

Vor allem Austern gibt es in der Bretagne an jeder Ecke, sehr günstig und vor allem sehr frisch. Viele Fischer verkaufen direkt vom Boot, oder haben am Kai ein paar einfache Stühle und Tische aufgestellt, wo sie die Austern - neun Stück für sechs Euro - servieren, mit einem Stück Zitrone oder Schalottenvinaigrette.

Früher war die Bretagne als Armenhaus von Frankreich bekannt, erst in den 1960er Jahren änderte sich das. Neben der Landwirtschaft brachte der Tourismus Geld, die Fischerei und die Industrie. Das Fischerstädtchen Concarneau mit knapp 20 000 Einwohnern stellt sich der Leser von Bannalec romantischer vor, als es tatsächlich ist. Zumal es vom französischen Fremdenverkehrsamt als „blaue Stadt am Meer“ beworben wird, Zentrum von Kunst und Geschichte. Am ehesten entspricht der Hafen den geweckten Vorstellungen.

Dort steht das Fort du Cabellou, gebaut 1746 um die Einfahrt und den Hafen von Concarneau zu verteidigen. Segelboote, Jachten und Fischkutter schaukeln windgeschützt in seinem Schatten, und die Altstadt mit ihrem Festungswall aus dem 14. Jahrhundert hat auch ein paar hübsche Gässchen. Aber letztlich ist Concarneau der größte Fischerort der Bretagne mit entsprechender Industrie und Logistik. Das wirkt sich auch optisch aus, was merkt, wer das Hafengebiet verlässt.

Also bleibt man dort, und das lohnt sich. Denn hier steht das „L'Amiral“, ein hübsches Hotel mit Restaurant und Bistro. Hier ordert Kommissar Dupin immer kurz vor der völligen Erschöpfung und zu jeder Tages- und Nachtzeit zig Espressi, aber auch Entrecôte und literweise Rotwein - bevorzugt kräftigen Wein aus dem Languedoc. Fast scheut man sich als Deutscher, dort das hochgelobte Gericht zu bestellen - und tarnt die Nachmachaktion mit einer Vorspeise, sechs Austern für 8,50 Euro. Fazit: Das Entrecôte (21 Euro) hat den Ansturm bisher überlebt. Es ist würzig und saftig.

Pont Aven, das berühmte Künstlerdorf der Bretagne, ist die Touristenströme schon lange gewohnt. Es locken Galerien, Restaurants, Straßencafés und Andenkenläden.

In Pont-Aven wird in „Bretonische Verhältnisse“ in der Bar des „Hotel Central“ der greise Hotelier Pierre-Louis Pennec blutüberströmt aufgefunden. Nun findet sich in Pont Aven zwar kein „Hotel Central“, aber mitten im Ort steht das Hotel „Les Ajoncs d'Or“.

Die adrette dunkelhaarige Empfangsdame ist mitteilsam. „Hier haben früher Gauguin gewohnt, und auch viele andere Künstler, die in Port-Aven gemalt haben.“ Seit einem Jahr kämen nun ständig Deutsche und fragten nach dem „Hotel Central“. Und Treffer. „Ja, die Geschichte von Bannalec spielt hier“, sagt sie stolz. „Aber der Autor hat von den Besitzern nicht die Genehmigung bekommen, den realen Namen zu nennen.“ Warum? Sie zuckt mit den Achseln.

Bei der Ortsausfahrt steht ein Schild an einer Kreuzung. „Bannalec“, ist darauf zu lesen. Das ist ein Ort in der Nähe, der den Autoren offenbar zu seinem Namen inspiriert hat. Die „Bretonischen Verhältnisse“ werden derzeit verfilmt. Im Spätsommer 2013 fuhr ein Team der ARD durch die Bretagne, drehte im „L'Amiral“, und auch in Pont-Aven. Wegen einer lärmenden Baustelle aber nicht im „Les Ajoncs D'or“, sondern in einem anderen Hotel des Dorfes. Die Aussendung wird sicher noch weitere neugierige Deutsche in die Bretagne locken. Anouck freut sich schon.

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