Maastricht - Stadt der umgewandelten Kirchen

Maastricht (dpa/tmn) - Maastricht ist eine Stadt mit vielen Kirchen und immer weniger Gläubigen. Damit die Gotteshäuser nicht verfallen, bekommen viele eine neue Funktion. Sie dienen als Geschäft, Archiv, Museum - und sogar als Hotel.

Die Touristen staunen.

Der Euro hat Maastricht nach 2000 Jahren Geschichte endlich bekannt gemacht: Vor genau 20 Jahren, im Dezember 1991, wurde der Maastrichter Vertrag ausgehandelt. Die Touristen kommen aber aus einem anderen Grund: Sie schätzen die burgundische Atmosphäre dieser Genießerstadt - und sie bestaunen die umgewandelten Kirchen.

Nach Regierungsangaben werden in den Niederlanden jede Woche durchschnittlich zwei Kirchen aufgegeben. Wenn sie nicht verfallen oder abgerissen werden sollen, müssen sie eine neue Bestimmung bekommen, und das ist in Maastricht in vielen Fällen geschehen. Dort dienen ehemalige Gotteshäuser unter anderem als Archiv, Naturkundemuseum, Hörsaal, Hauptsitz der Universität, Probenraum und Modegeschäft.

Zwei springen besonders ins Auge: die Dominikanerkirche und die Kreuzherrenkirche, beide noch aus der Zeit der Ritter und Minnesänger. Die eine beherbergt heute einen Büchertempel, die andere ein Hotel. Der erste Eindruck ist überwältigend. Die gotische Halle ist jeweils völlig intakt geblieben - das gebietet schon der Denkmalschutz. Die neuen Elemente wurden wie Schachteln in die Kirchen hineingestellt, ohne die Bausubstanz anzutasten.

In der Dominikanerkirche erhebt sich nun ein zweistöckiger schwarzer „Bücherschrank“ aus Metall, der über Treppen und Galerien begehbar ist. Man läuft über Grabplatten zur Kasse, und direkt über den Sonderangeboten prangt die älteste bekannte Wandmalerei mit einem Bildnis des mittelalterlichen Kirchenlehrers Thomas von Aquin.

In der Kreuzherrenkirche befindet sich ein ähnlicher Block, in diesem Fall mit Rezeption, Glasaufzug und einer Plattform für das Frühstücksbuffet. Die 60 Zimmer sind im angrenzenden Kloster untergebracht. Die minimalistische Ausstattung harmoniert erstaunlich gut mit der klaren und schlichten Architektur des Spätmittelalters. Nur von der Botschaft her passt es nicht so recht zusammen: Das Hotel ruft zum Genießen auf, aber die Ermahnungen der Religion in ganz andere Richtung schimmern hier und da noch durch.

An einer Wand lässt eine halb verblichene Bildergeschichte ein Menschenleben Revue passieren - anders als ein Comic muss man sie von unten nach oben lesen: immer näher zu Gott. Auf manchen Gläubigen mag es verstörend wirken, darunter nun eine Sitzecke zu finden - und im Altarraum eine Bar mit rotem Lederpolster.

Herman van den Berg, katholischer Priester aus Maastricht, nimmt es gelassen: „Allemal besser als abreißen. Das ist nur die logische Folge davon, dass immer weniger Leute in die Kirche gehen. Ich finde es vor allem wichtig, dass die Kirchenbauten erhalten bleiben, weil sie kunsthistorisch so interessant sind.“ Die Kreuzherrenkirche war vor der Umwandlung in ein Hotel ein Versuchslabor für Kunstdünger und danach eine Ruine. Die Dominikanerkirche diente als Abstellplatz für Fahrräder.

Einige Kirchen sind jedoch auch in Maastricht noch immer in Gebrauch, so die romanische Liebfrauenbasilika am schönsten Platz der Innenstadt. Dort zünden jeden Tag viele Menschen vor einer Marienstatue Kerzen an und wünschen sich dabei etwas im Stillen. Man muss nicht gläubig sein, um zu hoffen, dass es noch lange so bleibt.

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