Mit dem Pinienzapfenzug nach Nizza

Digne-les-Bains (dpa/tmn) - Seit 100 Jahren fährt der Pinienzapfenzug von Digne-les-Bains nach Nizza. Entschleunigung ist das Motto dieser Zugfahrt: Hier geht es ganz gemütlich von den Pinien der Provence zu den Palmen der Côte d'Azur.

Nur viermal am Tag pendelt der Pinienzapfenzug von der Hoch-Provence zur Côte d'Azur. Für die 150 Kilometer lange Strecke von Digne-les-Bains nach Nizza benötigt der Schienenbus mehr als drei Stunden. In diesem Jahr feiert die Bahnstrecke einen runden Geburtstag: Sie ist genau 100 Jahre alt.

Die große Bahnhofsuhr in Digne-les-Bains ist längst stehen geblieben. Wie lange sie schon ihren Dienst verweigert, weiß niemand. Dort beginnt die Fahrt mit einer Reise in die Vergangenheit, zu Europas größtem Ammonitenfeld bei Digne. Besucher aus aller Welt kommen in den Ort, um einen Fund aus der Frühgeschichte zu sehen: die mit 350 Quadratmetern größte freiliegende Ammonitenplatte. 1500 Versteinerungen von Muscheltieren, mehr als 200 Millionen Jahre alt.

„Vor 27 Jahren wurden die frühgeschichtlichen Spuren per Zufall beim Straßenbau entdeckt“, erzählt Hélène Vignot vom Tourismusbüro Digne. Inzwischen ist ein Teil der Hoch-Provence zum Geologischen Park erklärt worden, und im „Musée Promenade“ in Digne wird die frühe Erdgeschichte veranschaulicht.

Mit durchdringendem Hupen rumpelt der blaue Triebwagen aus dem Bahnhof. Tempo 75 erreicht der Schienenbus auf der schmalen Spur. Dann der erste Stopp, irgendwo in den Pinienwäldern an einem Wartehäuschen, das einer Bushaltestelle ähnelt. 50 Haltepunkte gibt es insgesamt an der eingleisigen Strecke.

Vom 600 Meter hoch gelegenen Digne schlängelt sich der Schienenstrang entlang der „Route Napoleon“ - der Nationalstraße 85 - durchs wilde Tal des Verdon bis zum Bahnhof Thorame-Haute. Es geht über 16 steinerne Brücken, 15 Eisenviadukte und durch 25 Tunnel, der längste bei Thorame-Haute misst 3,4 Kilometer. Er markiert mit 1022 Metern über dem Meeresspiegel darüber hinaus den höchsten Punkt der Strecke. Über 20 Jahre wurde an dem Schienenstrang gebaut, bevor 1911 die ersten Züge zwischen Digne und Nizza dampfen konnten.

Damals dauerte die Bummelfahrt fünf Stunden. Statt mit Kohle wurden die Dampfloks der Überlieferung nach mit Pinienzapfen beheizt. So kam die Bahn zu ihrem Namen „Train des Pignes“, Pinienzapfenzug. Besonders das Teilstück zwischen Digne und Thorame-Haute gilt wegen der zahlreichen Brücken, Dämme und Tunnel als Meisterwerk der Ingenieurkunst. Eine technische Meisterleistung ist die Kreiskehre von le Fugeret, wo sich der Gleiskörper in einer imposanten Schleife am Berghang entlang windet und dabei um mehr als 180 Grad dreht.

Trotz der vor sich hin rostenden Drehscheiben zählt die Bahnstrecke nicht zum alten Eisen. Pendler, Schüler und Studenten nutzen den Pinienzapfenzug. Eisenbahnfans kommen von überall her. Den Zug besteigen Jahr für Jahr um die 500 000 Fahrgäste, Tendenz steigend.

Im Bahnhof von Entrevaux steigen Dutzende Ausflügler zu, die von Nizza aus mit dem Frühzug hierhin gefahren sind, um ein paar Stunden durch die Jahrhunderte alten Gassen zu schlendern. Auf steilem Fels erhebt sich die mittelalterliche Burg, die Festungsbaumeister Vauban einst errichten ließ. Ein paar Stationen weiter ist der stille Flecken Puget-Théniers einen Besuch wert.

Von dort bis Nizza sind es noch 65 Kilometer für den Pinienzapfenzug, dessen Schienenstrang nun Kurve um Kurve dem schluchtenähnlichen Tal des Var-Flusses folgt. Nach etwas mehr als drei Stunden endet die beschauliche Reise mitten im Häusergewirr von Nizza am Bahnhof „Nice-CP“, der Südstation in der Rue Alfred Binet. Von dort streben die Touristen durch die quirlige Großstadt über die Avenue Malaussena dem glitzernden Mittelmeer entgegen, zu Nizzas Flaniermeile Promenade Anglais.

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