Mord und Verrat: Stadtführungen als Erlebnistouren

Mainz (dpa) - Historische Morde in der Mainzer Altstadt, römische Gladiatoren in Trier und ein fiktives Komplott in Koblenz: Das sind Themen von sogenannten Erlebnistouren, bei denen es nicht um klassische Sehenswürdigkeiten geht.

Das Ziel: Besucher in die Städte locken.

Helmut Lehrs Programm klingt gruselig. „Verbrechen gegen Leib und Leben, Mord und Totschlag“ kündigt der Stadtführer für die kommenden anderthalb Stunden an. Erwartungsvoll blicken sich die knapp 30 Teilnehmer der Tour „Mainz als Tatort“ an. So bedrohlich wie das klingt, wird es aber letztlich nicht. Mal spannend, mal unterhaltsam erzählt der 63-Jährige von zehn historischen Mordfällen: Vom Tod des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen im Jahr 1160 über die Ermordung Severus Alexanders im dritten Jahrhundert bis hin zum Raubmord an einem Ladenbesitzer in den 1970er-Jahren. Jede Geschichte ordnet Lehr dabei in ihren historischen Kontext ein.

„Ich möchte wichtige Infos vermitteln, ohne dass sich die Teilnehmer langweilen“, sagt der selbstständige Stadtführer, der seit sechs Jahren in diesem Beruf arbeitet, über sein Konzept. Bei der Themenwahl für die Führungen lässt er sich von seinen eigenen Interessen leiten. Inzwischen bietet Lehr 26 unterschiedliche Führungen an, 12 davon stehen im Programm der Initiative „Geographie für Alle“. Der Verein hat sich auf eher ungewöhnliche Stadtführungen spezialisiert. 56 haben sie in Mainz mittlerweile im Programm: In „Hinter Schloss und Riegel“ geht es um die Gefängnisse der Landeshauptstadt, bei „Die dunklen Seiten von Mainz“ erhielten die Teilnehmer laut Verein Einblick in Themen, über die in Mainz sonst nur selten gesprochen würde.

In Koblenz dreht sich ebenfalls vieles um Verbrechen. Bei „Koblenz Kriminell“ etwa erwarte die Gäste ein Streifzug durch die Justiz- und Kriminalgeschichten der Stadt, heißt es bei Koblenz-Touristik. Richtig aktiv werden können die Besucher bei der Audiotour „Das Schängel-Komplott“. Mit MP3-Player bewaffnet, gehen die Teilnehmer dabei auf die Suche nach dem verschwundenen Neurobiologen Christian Renz. Die Tour bindet Umgebung und Passanten in die fiktive Geschichte mit ein.

Vom Leben des „Gladiator Valerius“ wird bei einer Führung in Trier erzählt. Im Amphitheater berichtet ein Schauspieler von der damaligen Zeit und seinem Leben als Valerius. Seit dem Jahr 2000 im Programm, gibt es mittlerweile drei weitere „Erlebnisführungen“ in der Stadt der Porta Nigra. Deren Geheimnis gilt es in einem anderen Rundgang zu ergründen. Über 900 solcher Erlebnisführungen hat die Tourist Information Trier im vergangenen Jahr nach eigener Angabe organisiert. Und bietet darüber hinaus noch eine große Anzahl weiterer Rundgänge an, darunter Kostümführungen wie die der „Dreij Trierer Mädercher“.

Auch andere Städte haben Kostümführungen im Programm. Während in Kaiserslautern die Kaiserin Beatrix von ihrem Leben an der Seite von Kaiser Barbarossa oder die aus dem 19. Jahrhundert stammende Anna Meier vom „Auswandern anno dazumal“ erzählt, können Besucher in Worms den Spuren Martin Luthers folgen.

Erlebnisführungen liegen nicht nur in Rheinland-Pfalz im Trend, sondern auch im restlichen Bundesgebiet. Eine Anlaufstelle ist hier das „Forum Neue Städtetouren“, ein Zusammenschluss regionaler Anbieter von Stadtführungen, dem auch der Mainzer Verein „Geographie für Alle“ angehört. Das Forum, das in vielen Städten unter dem Namen „StattReisen“ zu finden ist, möchte einen Einblick geben in die „oftmals von offizieller Seite vernachlässigte Geschichte: Umgang mit Minderheiten, Faschismus und Alltagskultur“.

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