Mr. Zinnemann und die Drei Zinnen - Winter im Hochpustertal

Sexten (dpa/tmn) - Gustav Mahler kam hierher, um zu komponieren, Angela Merkel, um sich vom hektischen Politikbetrieb zu erholen. Das Hochpustertal in den Dolomiten ist eines der wenigen Alpentäler, das weitgehend vom Massentourismus verschont geblieben ist.

Wer in den 1970er- und 80er-Jahren aufwuchs, wird die Sommer von damals immer mit diesem Eis am Stil verbinden: giftgrüner Waldmeister, darüber eine knallrote Himbeerschicht, gekrönt von drei weißen Zacken mit süß-saurem Zitronengeschmack. Das Kult-Eis in den Farben der italienischen Tricolore hieß „Dolomiti“.

Im Hochpustertal, im südöstlichen Südtirol, steht das Vorbild für das einst so beliebte Speiseeis: die Drei Zinnen. Wie drei riesige, schrundige Zähne ragen die zerklüfteten Felsen aus einer schneebedeckten Halde.

In den Sommermonaten pilgerten noch Heerscharen von Touristen im Gänsemarsch auf dem Bergpfad zum bekanntesten Wahrzeichen der Dolomiten. Jetzt hat der Winterwanderer die einzigartige Gebirgswelt fast für sich allein. Allerdings ist der mittelschwere Aufstieg zu der 2438 Meter hoch gelegenen Dreizinnenhütte in dieser Jahreszeit nur mit Schneeschuhen zu bewältigen.

Es ist Nachmittag, die Schatten in den Tälern werden länger. Viel zu spät, um noch zu einer weiteren ausgedehnten Wanderung aufzubrechen. Die ideale Zeit für einen Kaffee. Vom Dorfzentrum Moos sind es nur ein paar Gehminuten zu den „Drei Zinnen“. Selbst Hollywood logierte hier schon. Viele Jahre war der Regisseur und fünffache Oscar-Preisträger Fred Zinnemann („Zwölf Uhr mittags“, „Verdammt in alle Ewigkeit“) hier zu Gast. Im Hausbuch hat er auf einem Briefbogen der 20th Century Fox einen Gruß hinterlassen.

Hotelbesitzerin Waltraut Watschinger zögert erst ein wenig, Anekdoten preiszugeben, aber dann plaudert sie doch aus dem Nähkästchen: „Jetzt kann ich es ja erzählen, schließlich lebt Mr. Zinnemann schon eine Weile nicht mehr. Er hatte in Hollywood eine Freundin, die ihm sehr nahestand. Nach ihrem Tod hat er ihre Urne mit nach Europa genommen. Bei einem seiner letzten Besuche ist er mit einem Bergführer losgewandert und hat die Asche über den Gipfeln verstreut.“

Vielleicht fand Fred Zinnemann im Hochpustertal nach diesem Verlust auf ähnliche Weise seinen Frieden wie der kränkliche, von Schicksalsschlägen getroffene Gustav Mahler, der von 1908 bis 1910 in der Nähe von Toblach die Sommermonate verbrachte: „Hier ist es wunderherrlich und repariert ganz sicher Leib und Seele“, schrieb der Komponist noch voller Hoffnung.

Keine Schickeria à la Cortina, kein Skizirkus à la Sölden. Dass selbst die größeren Ortschaften Sexten, Innichen und Toblach bis heute ziemlich verschlafen wirken und es dort auch dementsprechend gemächlich zugeht, macht das Hochpustertal so angenehm unspektakulär. Weniger ist mehr.

An den Skiliften herrscht lediglich an den Wochenenden etwas mehr Betrieb. Anspruchsvolle Skifahrer fühlen sich in den Sextener Dolomiten ohnehin etwas unterfordert, denn nur 17 Prozent der Pisten zählen zu der Kategorie „schwierig“. Auf ihre Kosten kommen deshalb vor allem Langläufer und Wanderer. Kilometerweit führen die Loipen und Wege am Sextner Bach entlang bis hinein ins weite Tal, wo die Rienz und die Drau dahinrauschen.

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