Rouen feiert Freiheitskämpferin Jeanne d'Arc

Rouen (dpa/tmn) - Jeanne d'Arc ist in Rouen allgegenwärtig - vor allem im Jahr ihres 600. Geburtstags. Die Touristenmassen strömen zu dem Platz, auf dem die Bauerntochter hingerichtet wurde. Doch die französische Stadt hat noch mehr zu bieten.

Der Pilgerstrom der Touristen reißt nicht ab. Alle wollen den Platz sehen, auf dem Geschichte geschrieben wurde. Am 30. Mai 1431 schleppten Scharfrichter die gerade einmal 19-jährige Johanna von Orléans vor einer gaffenden Menge auf den Scheiterhaufen und entzündeten ihn. Anschließend streuten sie die Asche der Frau in die Seine. Jedes Jahr gibt es deshalb in Rouen Gedenkfeiern. 2012 fallen diese größer als üblich aus, denn vor 600 Jahren wurde Jeanne d'Arc geboren.

Alles begann Anfang des 15. Jahrhunderts. Die Engländer hielten im Hundertjährigen Krieg Frankreichs Norden bis zur Loire besetzt. Die Bauerntochter Johanna aus Lothringen will schon mit 13 Jahren von höheren Mächten den Auftrag erhalten haben, gegen die Eindringlinge zu kämpfen. Nach kurzem Ruhm aber fiel Jeanne Intrigen zum Opfer. Bis heute wird sie im ganzen Land verehrt.

Doch nicht nur wegen der Freiheitskämpferin findet sich die mittelalterliche Stadt Rouen auf der Liste historischer Sehenswürdigkeiten in Frankreich ganz weit oben. Sowohl die gotische Kathedrale als auch die astronomische Uhr aus dem 14. Jahrhundert und der Justizpalast aus dem Jahr 1509, einst das größte nichtsakrale Gebäude Europas, ziehen Touristen an. Daneben lockt der von sorgfältig restaurierten Fachwerkbauten gesäumte geschichtsträchtige Alte Markt.

„Die Stadt der hundert Kirchtürme, deren Glockengeläut himmelauf schwingt“, beschrieb der französische Schriftsteller Victor Hugo Rouen. Er hatte wohl vor allem die Kathedrale Notre Dame im Auge, die mit ihren sieben Türmen die Stadt überragt. In dem Bau sind alle gotischen Stilrichtungen vereint.

151 Meter reckt sich der Glockenturm in den Himmel. „Kein anderer Kirchturm in Frankreich ist höher“, erzählt Touristenführer Francois Legand. „Bis 1880 war es auch der höchste Kirchturm der Welt, dann wurde der Kölner Dom fertiggestellt. Seine Spitze überragt unsere um 6 Meter“, erklärt Legand. Berühmt ist auch der Butterturm. Eigentlich war der Genuss von Butter in der Fastenzeit untersagt. Doch um Geld für den Bau des Turms zu sammeln, hob die Kirche das Verbot vorübergehend auf.

Pierre Claudel, der an der örtlichen Universität mittelalterliche Geschichte studiert, macht auf eine weitere Sehenswürdigkeit aufmerksam, die man nicht auf den ersten Blick entdeckt: den Pestfriedhof und das Beinhaus L'aître Saint-Maclou. „Im Jahr 1348 raffte der Schwarze Tod fast drei Viertel der Bevölkerung dahin, die Opfer wurden zunächst mitten in der Stadt in einem Massengrab beigesetzt“, erzählt Claudel. Totenschädel an den Fassaden des Fachwerkbaus aus dem 14. Jahrhundert erinnern daran. In den Räumen arbeiten heute Künstler.

Fußgängerzonen durchziehen die historische Altstadt. Tagsüber wirken einige der Gässchen ziemlich verwaist. „Abends herrscht hier Hochbetrieb, dann haben die Lokale geöffnet“, sagt Vivian Bartels aus München, die für vier Wochen einen Sprachkurs in Rouen macht. „Man trifft vor allem junge Leute, Studenten, mit denen man schnell in Kontakt kommt.“

So gut der Cidre, der für die Normandie typische moussierende Apfelwein, auch schmeckt, Touristenführer Pierre Claudel zieht den Besucher zu weiteren Sehenswürdigkeiten: zum Gros Horloge, dem Uhrenturm mit der astronomischen Uhr. Oder zum Justizpalast, der ebenfalls auf der Liste der Nationalen Monumente Frankreichs steht.

An Sommertagen zieht es die Menschen ans Ufer der Seine, die die Stadt teilt. „Rouen ist eine Hafenstadt - für Seeschiffe ebenso wie für Flussschiffe“, sagt Claudel. „Zum Ärmelkanal sind es etwa 125 Kilometer.“ An den Kais liegen Frachter aus Übersee. „Alle paar Jahre - das nächste Mal 2013 - findet hier das größte Windjammertreffen der Welt statt“, erzählt Claudel. Bis dahin bringen Flusskreuzfahrtschiffe Touristen, die das mittelalterliche Flair der Stadt der Jeanne d'Arc erleben wollen.

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