Sanddünen und Maori-Stätten: Neuseelands Nordinsel

Kerikeri (dpa/tmn) - Die kleine Propellermaschine steht startbereit auf einer Graspiste. Doch es nieselt, und ein starker Wind mit heftigen Böen jagt dunkle, regenschwere Wolken über die hügelige Landschaft.

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„Schlechte Aussichten für euren Rundflug“, sagt Pilot Jeremy.

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„Aber die Vorhersage ist gut, vielleicht legt sich der Sturm, und wir können in einer Stunde starten.“ Tatsächlich, der Wind lässt wenig später nach, und auch das dichte Wolkenband verschwindet.

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Bevor die drei Passagiere in die Cessna klettern, zeigt der Pilot auf einer Landkarte den geplanten Flugverlauf: „Wir starten hier in Kerikeri, der größten Ortschaft der Bay of Islands.“ Sie liegt rund drei Autostunden nördlich von Auckland. „Damit ihr auch von oben einen Blick auf die Landschaft mit ihren 144 Inseln habt, fliegen wir erst eine kleine Schleife, um dann unser Ziel ganz oben im Norden der Insel anzusteuern.“ Dann heißt es einsteigen, anschnallen und die Kameras bereithalten.

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Jeremy lässt den Motor an, bringt ihn ordentlich auf Touren und löst die Bremse. Die Maschine holpert über die Graspiste, hebt rasch ab und gewinnt an Höhe. „Dort drüben seht ihr den Anfang vom Ninety Mile Beach“, erfahren die Passagiere über ihre Kopfhörer.

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Allerdings trägt Neuseelands längster Strand seinen Namen zu Unrecht. Er ist nämlich nur 89 Kilometer lang. James Cook nannte den unwirtlichen Küstenstrich Desert Coast. Bis zu 200 Meter breit ist der Strand, bevor er in Sanddünen übergeht. Nirgendwo findet sich ein Zeichen von Zivilisation. Doch dann entdecken die Passagiere Reifenspuren im Sand. „Ja, der Strand darf mit Autos befahren werden, aber zu empfehlen ist das nicht. Immer wieder bleiben Fahrzeuge im Sand stecken, und Abschleppdienste kommen nicht hierher“, erklärt Jeremy. „Manchmal holt sich dann das Meer die Autos.“

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Langsam verliert die Cessna an Höhe und setzt zur Landung an. Ein Kleinbus bringt die Gruppe zur äußersten Spitze der Nordinsel. Auf einer stürmischen Klippe am Cape Reinga steht ein weißer Leuchtturm. London liegt 18 029 Kilometer entfernt, steht auf einem Schild. Zum Südpol sind es dagegen nur 6211 Kilometer.

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Die felsige Spitze der Nordinsel ist für die Maori heilig. Die Ureinwohner Neuseelands glauben, dass die Seelen der Verstorbenen über den Ninety Miles Beach zum Cape Reinga gelangen. Dort steigen sie in die Unterwelt ab, um in die Urheimat Haweiki zurückzukehren. Auf den vorgelagerten Three Kings Islands, so der Mythos, werfen sie zum letzten Mal einen Blick auf Neuseeland, bevor sie für immer Abschied nehmen. Daher der Name des Kaps: Reinga bedeutet Absprung.

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Wer noch Zeit hat, kann Wanderungen zu Bilderbuch-Stränden wie dem Werahi Beach oder zum Cape van Diemen unternehmen. Für die Gruppe ist ein zünftiges Picknick in einer einsamen Bucht vorbereitet. Danach warten die Giant Sand Dunes. Der Wind hat absonderliche Formationen aus Sand geschaffen. Es sieht aus wie in der Wüste.

Alle Reisenden bekommen ein Sandboard, klettern die steilste der etwa 150 Meter hohen Dünen hinauf - und je nach Mut geht es flach auf dem Bauch liegend und kopfüber oder eher vorsichtig und im Sitzen zurück ins Tal. Wer kann, surft stehend auf einem Brett den Abhang hinunter.

Zeit für den Rückflug. In Kerikeri steht noch ein Besuch von Kemp House und Stone Store auf dem Programm. Dorothy, die ehrenamtlich für den Historic Places Trust New Zealand arbeitet, empfängt die Besucher in alter Tracht: „Sie betreten historischen Boden: Hier entstand 1822 die erste Missionsstation von Neuseeland. Deshalb wird Kerikeri auch als Wiege Neuseelands bezeichnet“, erklärt sie. Das Holzhaus ist das älteste Haus des Landes und heute ein Museum.

Auch in Waitangi, 23 Kilometer entfernt, dreht sich alles um die Geschichte. Auf einem Rasenhügel der Halbinsel thront das Treaty House. Maori-Häuptlinge schlossen dort am 6. Februar 1840 mit Vertretern der britischen Kolonialregierung den Waitangi-Vertrag. Das Abkommen regelte vor allem die Landbesitzrechte. Zur 100-Jahr-Feier 1940 entstand das Versammlungshaus Te Whare Rununga. Im reichlich mit Schnitzereien versehenen Holzgebäude spielen die Maori mehrmals in der Woche die Vorgeschichte des Vertrages nach. Dazu gibt es ein wildes und furchteinflößendes Haka-Spektakel mit Augenrollen und Zunge-Herausstrecken. Einmal im Jahr holen 160 Männer das 36,5 Meter lange Kriegskanu aus dem Bootsschuppen, machen es am Strand startklar und paddeln rhythmisch singend durch die Bucht.

Wer selbst in einem echten Waka, dem traditionellen Maori-Kanu paddeln möchte, kann eine Tour mit Häuptling Hone Mihaka buchen. „Aufgepasst, alles hört auf mein Kommando“, sagt er und demonstriert, wie das Paddel richtig zu halten ist. „Ihr stecht mit dem gesamten Blatt ins Wasser und zieht es parallel zur Seitenwand des Kanus kräftig durch - dann kommen wir am schnellsten voran.“ Unterwegs erzählt Hone von der Region und den Bräuchen der Maori. „Viele Menschen haben ihre Wurzeln vergessen“, sagt er. „Die Maori haben etwas bewahrt, das andere verloren haben. Wir müssen immer wissen, woher wir kommen, um zu wissen, wohin wir gehen.“

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