Tansanias reiche Geschichte in Bagamoyo

Bagamoyo (dpa/tmn) - Bagamoyo war ein bedeutender Sklavenhafen, Startpunkt für Entdecker und deutsche Kolonialhauptstadt. Die meisten Besucher Tansanias fahren trotzdem an dem Städtchen vorbei. Doch jetzt könnte ein neuer Superhafen alles ändern.

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Abdallah Ulimwenga kann es immer noch nicht fassen: 100 Millionen Schilling für eine Ruine! Bäume wachsen aus den Fenstern, der Putz ist abgebröckelt, das Dach längst eingestürzt. „Und die Besitzerin hat abgelehnt“, sagt der Guide. Die Dame spekuliert offenbar auf einen größeren Reibach, auf mehr als die umgerechnet gut 45 000 Euro für ihr Filetgrundstück. Denn Bagamoyo, das verschnarchte Städtchen 65 Kilometer nördlich von Daressalam, hat goldene Zeiten vor sich.

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15 Kilometer südlich wollen chinesische Investoren in den kommenden Jahren den größten Hafen Afrikas bauen. 20 Millionen Container pro Jahr sollen hier verladen werden, vor allem Erze aus Sambia, Simbabwe und dem Kongo. Früher waren es Elfenbein und Sklaven. Im 19. Jahrhundert endete in Bagamoyo die Karawanenroute von den großen Seen an die Küste. Geblieben ist die Karawanserei, ein unscheinbares Gebäude am Ende einer Sandstraße.

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In dem kleinen Museum der Karawanserei sind chinesisches Porzellan, Münzen und Silberringe ausgestellt. Hier schliefen die arabischen Sklavenjäger. Wer nach monatelangem Marsch durch die Wildnis lebend ankam, hatte nichts mehr zu hoffen. Vom Hafen wurden die Sklaven nach Sansibar und Arabien verschifft. Bagamoyo heißt übersetzt: „Leg dein Herz nieder“.

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Die 1300 Kilometer lange Karawanenroute nach Ujiji und Kigoma soll Bagamoyo nun zum Titel Weltkulturerbe verhelfen. So wünscht es sich Tansanias Präsident Jakaya Kikwete. Er wuchs in der Stadt auf, die immer wieder Geschichte schrieb. In Bagamoyo bauten Missionare aus dem Elsass die erste Kirche Ostafrikas, hier begannen die berühmten Entdecker John Hanning Speke und Richard Francis Burton ihre Suche nach den Quellen des Nils. Und für einen Wimpernschlag der Geschichte war das Nest sogar Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika.

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Wer die Reste der Kolonialglorie sehen will, spaziert über die India Street, die einst Kaiserstraße hieß. An ihrem südlichen Ende, im alten Fort, schnitten die neuen Herren am 16. August 1888 die Fahne des Sultans von Sansibar vom Mast und hissten die Reichsflagge.

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Es kommen nicht viele Touristen hierher. Abdallah führt sie zum restaurierten arabischen Teehaus, zur deutschen Schule und zur Boma, der wuchtigen Bezirksverwaltung. Heute steht ein Bauzaun vor der Boma. Seit 1995 ist sie geschlossen, weil Teile eingestürzt sind. Andere Kolonialgebäude sind in einem noch erbärmlicheren Zustand. Vom Zollamt stehen nur noch ein paar Außenmauern, vom Lagerhaus nur Betonsockel und eiserne Stützen. Davor laden die Fischer wie seit Jahrhunderten ihren Fang aus den Dhaus.

Bald werden Frachter und Tanker vor dem Strand vorbeiziehen. Vielleicht kommen dann auch mehr Touristen. Bagamoyo jedenfalls wird sich verändern. Die alte Post wurde bereits renoviert und in ein Hotel verwandelt. Die Behörden hatten dabei eine eigenwillige Vorstellung von Denkmalschutz: Die neuen Eigentümer durften einen fünfstöckigen Betonklotz daneben klatschen. Die Unesco wird das nicht begeistern.

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