Tourismus ohne Brösel - Picknick in Roms Altstadt wird schwierig

Rom (dpa) - Liegt es am korrekten Mario Monti? Ausgerechnet im angeblich so chaotischen Italien kehren Anstand und Ordnung ein. Nun hat Rom das Essen und Trinken vor Sehenswürdigkeiten verboten. Jedenfalls im Sitzen.

Italien, das Land in dem sympathisches Chaos herrscht: Rote Ampeln gelten wenig, der völlig unübersichtliche Verkehr funktioniert trotzdem. Ein bisschen Verspätung ist immer drin, der Abfall auf den Straßen gehört eben einfach dazu. So sehen viele Italien. Doch vielerorts herrscht längst deutsche Ordnung - die Anstandsregeln werden strenger. In Rom riskieren Touristen saftige Geldbußen, wenn sie vor dem Kolosseum oder an der Spanischen Treppe ihre Pizza essen - zumindest wenn sie sich dazu hinsetzen.

Immer wieder schlägt in Italien das Bedürfnis nach Sauberkeit und Anstand durch. Und das liegt nicht an dem korrekten Regierungschef Mario Monti, auf den viele Bürger nicht gut zu sprechen sind. In einigen Städten gibt es längst empfindliche Geldstrafen für das achtlose Wegwerfen von Kippen, ein Rauchverbot in der Gastronomie setzte Italien ohnehin vor Deutschland durch. In Kirchen bekommen allzu leicht bekleidete Besucherinnen gelegentlich eine Art Sack zum Umhängen, um sich züchtig zu bedecken.

Vor Monaten startete in Rom bereits eine Kampagne für mehr Ordnung rund ums Kolosseum. Die Stadt verbot Auftritte von als Gladiatoren verkleideten Männern, die sich mit Touristen gegen Geld fotografieren ließen. Auch die Souvenirstände sollten rund um Roms Wahrzeichen verbannt werden - was allerdings nicht ganz gelungen ist.

„Im Umfeld der Altstadt von Rom, wo der Zustrom von Touristen, Besuchern und Bürgern besonders groß ist, gibt es Vorkommnisse, die im Widerspruch stehen zu den elementarsten Anstandsregeln“, heißt es nun in der Verlautbarung von Bürgermeister Giovanni Alemanno. Dazu zähle der Konsum von Essen und Getränken auf Stufen der Plätze, an Monumenten und an Brunnen.

Oft würden alle möglichen Brotzeitreste weggeworfen und Getränke verschüttet, was gefährlich sei - wohl wegen der Rutschgefahr. Die Anfang Oktober erlassene Verordnung verbietet speziell, sich beim Essen und Trinken niederzulassen.

Im Gehen, so erläutern zumindest städtische Polizeibeamte, sei das Essen weiter erlaubt. Erstens gebiete es der Anstand, sich nicht kauend zum Picknick vor ein Denkmal zu setzen, und zweitens lasse man sitzend viel leichter Abfall liegen. Ein uneinsichtiger Däne habe gerade 50 Euro aufgebrummt bekommen, sagt eine Beamtin.

Auf dem Forum Romanum sitzt eine Familie aus Peru auf historischen Steinen, die Mutter schleckt ein Eis. „Wir sind mit dem Eis in der Hand durch den Eingang gelaufen - niemand hat etwas gesagt“, sagt überrascht Tochter Maria. Mit Blick auf den Vesta-Tempel verzehren ein paar Schritte weiter zwei Polinnen selbstgeschmierte Stullen. „Das glaub ich nicht“, sagt die eine entschieden, auf das Verbot angesprochen. „Das müssten sie ja wenigstens irgendwo hinschreiben.“

Am Ticketschalter heißt es, Essen sei auf dem Forum Romanum immer schon verboten gewesen. Das gelte in Museen in aller Welt. Trinken sei erlaubt. Folglich liegen hier und da leere Plastikflaschen zwischen Steinen aus der Römerzeit. Bei 40 Grad im Sommer sind stundenlange Besichtigungsmarathons ohne Getränk fast unvorstellbar.

Rund um die Sehenswürdigkeiten werden in rauen Mengen Panini und Cola, Pizza und Eis zum Mitnehmen angeboten. „Sollen sie mal lieber gegen die illegalen Händler vorgehen“, schimpft ein Standbesitzer. „Ich zahle Steuern - und die sind nicht mal registriert.“ Der Kampf gegen die fliegenden Händler zeigt freilich kaum sichtbaren Erfolg.

Auch auf dem Petersplatz wird Essen nicht gerne gesehen. Dort gelten zwar andere Regeln, denn er gehört zum Kirchenstaat Vatikan. Doch schließlich sei das ein religiöser Ort, sagt ein Polizeibeamter. Wer seinen Hunger nicht mehr bezwingen kann, soll wenigstens unter die Kolonnaden gehen, die den Platz umschließen.

Obwohl die Anordnung zum Ess- und Trink-Verbot nicht neu ist, sorgt sie für Aufregung in der Ewigen Stadt. Sie wurde - etwas strenger - erneut erlassen, da die bisherige Anordnung ausgelaufen war. Das Verbot trifft nicht nur Touristen. „Mich haben sie vor zwei Jahren gestoppt“, sagte eine Tourismus-Mitarbeiterin. Sie habe nahe ihrer Arbeitsstelle an der Piazza Navona ein Panini gegessen. Im Stehen, eigentlich erlaubt. „Mir ging es schlecht, das war meine Mittagspause.“

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