Winterurlaub unter Cowboys: Harte Männer mögen Mützen

Granby (dpa/tmn) - In Colorado wird es im Winter knackig kalt. Das merken Urlauber bei einem Ranch-Urlaub schnell. Doch einem echten Cowboy macht das nichts aus. Die Zeiten der Rinderzucht sind längt vorbei.

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Heute werden Touristen gehütet.

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Auch Cowboys kriegen kalte Ohren. Armer Bill! Weiße Flocken schweben auf die breite Krempe seines Hutes und bleiben in kleinen Häufchen liegen. So ein „Stetson“ ist eher Sonnenschirm als Wärmehaube. Doch Bill Fisher grinst nur, hängt den Hut an den Nagel, schnappt sich eine Schirmkappe mit Ohrenklappen und brummt etwas von „kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung“.

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Der drahtige Mittsechziger mit kantigem Kinn und Wangengrübchen ist noch immer Chef-Cowboy auf der C Lazy U Ranch in Granby, zwei Autostunden nordwestlich von Denver. Hier war einmal ordentlich Ranchbetrieb. Heute sind keine Rinder mehr zu hüten, sondern Feriengäste. Wenn widerspenstige Salbeibüsche durch die glitzernde Schneedecke stechen, ist lediglich eine Handvoll hoffnungsloser Ranch-Romantiker mit den Cowboys unter sich. Die meisten Gäste kommen eigentlich im Sommer. In klirrender Kälte halten die meisten Urlaubsfarmen Winterschlaf. C Lazy U nicht.

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Im Westen der USA gibt es Ranch-Ferien heute in vielen Formen und Preisklassen zu haben. Reiten kann man überall. Je nach Betrieb werden dazu die unterschiedlichsten Aktivitäten angeboten. Ein Kinderprogramm haben wohl alle. In Colorado gibt es nur noch wenige Arbeitsbetriebe, die von Familien geführt werden. Die meisten Gäste der Ranches gehören inzwischen Firmen oder Investoren. Tourismus ist dann die wesentliche Einnahmequelle, wie auf C Lazy U.

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Schon in den Zwanzigern sattelten die ersten C-Lazy-U-Besitzer auf das Konzept „Dude Ranch“ um. Aber was ist überhaupt ein Dude? „Ein Stadtmensch wie du, der vom Landleben keinen Schimmer hat“, sagt Bill. Angelockt von abenteuerlichen Geschichten über tapfere Indianer, tollkühne Revolverhelden und staubige Weite, suchten Möchtegern-Cowboys schon vor 100 Jahren Abstand zu den grauen Steinwüsten der Ostküste. Massenhaft rollten sie in Transkontinentalzügen gen Wilden Westen.

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Dort war man auf die Besucherwellen nicht vorbereitet. Die paar Hotels waren schnell ausgebucht. Rancher wurden mit Anfragen überhäuft, auch die C Lazy U, wo man fortan geschäftstüchtig ausbaute. Heute umringt eine Reihe Blockhäuschen die Hauptlodge. Es gibt Ställe, eine Reithalle, einen Eishockey-Teich und Whirlpool, dazu Feinschmeckerkost und Spa mit Massagen für gestresste Reiterpopos. Viele Ranches sind mehr Resort als rustikal.

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Ursprünglich war die Unterkunft gratis. Nach Angaben des Dachverbands Dude Rancher's Association war es im dünn besiedelten Westen einst üblich, vereinzelten Durchreisenden eine Herberge anzubieten. Die zivilisationsmüden Dudes blieben oft Monate. Manche halfen mit, andere boten eine Bezahlung an. Ein neues Business war geboren.

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Der amerikanische Rinderhirt gilt bis heute als Volksheld: Hoch zu Ross ist er unterwegs, in knackigen Jeans, mit verwegenem Halstuch - und bei klirrendem Frost nun auch mit Ohrenklappen. Denn auch harte Männer mögen Mützen. In den ruppigen Rocky Mountains ist Cowboy ein Job für Pragmatiker. 185 Pferde leben ganzjährig auf der Weide. Bill hat den Traktor vor den Heuschlitten gespannt. Ranchgäste dürfen gern raufklettern. Ächzend schwingt das Gatter auf, und der Kufenwagen ruckelt auf die Schneewiese.

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Die meisten Pferde stehen zwischen Raureif verhüllten Weidenbüschen, die den zugefrorenen Willow Creek säumen. Die Tiere heben die Köpfe, schnauben, wiehern leise. Schneekristalle zuckern ihre Mähnen und den Winterpelz. In langen Reihen stapfen die Tiere hinter dem Futterschlitten her. Cowboy Garrett Brauer - er trägt eine Wollmütze - wirft die Heuballen runter.

Nachmittags hat der Trecker Pause. Fred und Barney, die mächtigen Belgischen Kaltblüter, ziehen einen roten Holzschlitten. Mit geschwungenen Seiten und Silberglöckchen könnte der glatt vom Weihnachtsmann sein. In Decken gewickelte Wintergäste sitzen drin. Andere schlittern lieber selber und rasen auf Rennrodeln die verschneite Zuwegung runter oder lassen sich per Snowmobil auf mit Luft gefüllten Snow Tubes den Hausberg raufziehen. Pistenbullis kutschieren Skiläufer zu privaten Hängen. Der freundliche Fahrer reicht den starken Arm und hilft den Herrschaften in die Bindung. Längst ist in das Landleben der Luxus eingekehrt.

Doch Reiten kann man immer noch, ganz einfach, auf Sägespänen oder durch knietiefen Tiefschnee, hinauf zum Hausberg der Ranch, einer Ansammlung kurioser Felsnasen. Vorsichtig treten die Pferde in die Stapfen des Vordertieres. Es schneit aus eisgrauem Himmel. Leise ist es hier oben, nur der Schnee knirscht. Die Pferde atmen, kleine Wölkchen dampfen aus den Nüstern. Koyotenspuren verlaufen im Zickzack über den Hang. Weit weg scheint die Welt mit ihren Wirren. Ob echter Cowboyhut oder Wollmütze, das ist egal: Der Winterwind pustet den Kopf frei. Deswegen sind die „Dudes“ hier.

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