Zu Besuch bei Frau Holle: Auf den Spuren der Brüder Grimm

Kassel (dpa/tmn) - Wilhelm und Jacob Grimm haben die meiste Zeit ihres Lebens in Hessen verbracht. Vor 200 Jahren haben sie die Märchen aufgeschrieben. Auf vielen Veranstaltungen können Besucher 2013 den Spuren der Brüder folgen - und dabei auch Frau Holle treffen.

Wohlig warm unter die Decke gekuschelt, ist es abends für viele Kinder das Größte, eine Gutenachtgeschichte vorgelesen zu bekommen. Oft sind es dieselben Geschichten, die seit Generationen erzählt werden: die Märchen der Brüder Grimm. Vor 200 Jahren, am 20. Dezember 1812, erschien die Erstausgabe der Kinder- und Hausmärchen. „Es ist das meistgelesene Buch nach der Bibel“, erzählt Helga Kasprowicz, Gästeführerin in Kassel. Anlass genug für eine Spurensuche in Hessen.

Die Reise beginnt in Hanau. Hier kamen Wilhelm und Jacob zur Welt. Ihnen zu Ehren wurde hier das Brüder-Grimm-Nationaldenkmal auf dem Neustädter Marktplatz errichtet. Das Geburtshaus stand am Freiheitsplatz. Zu sehen gibt es davon heute nichts mehr. Im Zweiten Weltkrieg wurde es im Bombenhagel zerstört.

Wer in die Welt der Märchen eintauchen will, geht deshalb am besten auf Schloss Philippsruhe. Hier steigen zwischen Mai und Juli die Brüder Grimm Märchenfestspiele im Amphitheater. Spannend ist vor allem das Zusammentreffen mit Tante Schlemmer. „Ich bin die verwitwete, 16 Jahre ältere Schwester des Vaters, aber eigentlich sowas wie die Oma“, erzählt Margrit Kunze, die als verkleidete Stadtführerin ihre Rolle mit Leib und Seele verkörpert. Sie hat die Kinder durch ihre frühe Jugend begleitet und geprägt.

Erfunden haben die Brüder Grimm die weltbekannten Märchen nicht. Sie haben sie gesammelt. Begonnen hat alles 1806 in Kassel.

Das Haus in der Wildemanngasse 24, das die Brüder bewohnten, lag in der Altstadt, die in einer Bombennacht 1943 nahezu völlig zerstört wurde. Übrig geblieben ist lediglich eine Gedenktafel. Seit 1972 befindet sich zudem im Palais Bellevue das Brüder-Grimm-Museum.

Heute sind die Märchen weltbekannt. Doch die Erstausgabe wurde zum Ladenhüter. Die Märchen waren zu brutal und voller wissenschaftlicher Anmerkungen. „In den ursprünglichen Fassungen wurde Rapunzel geschwängert, und Rotkäppchen hat sich vom Wolf verführen lassen“, erzählt Kasprowicz.

Eine weitere beeindruckende Sammlung der Märchen in verschiedensten Sprachen und Ausgaben findet sich im Brüder-Grimm-Haus in Steinau. 1791 zog die Familie von Hanau in das damals bereits 200 Jahre alte Amtshaus, das mit seinem beeindruckenden Fachwerk bis heute erhalten ist und ein Museum beherbergt.

In Hessen gibt es aber nicht nur historische Grimmstätten zu entdecken. Wer möchte, kann zum Beispiel das Dornröschenschloss besuchen oder sogar darin übernachten. „Märchen sind eigentlich nicht zu verorten“, sagt Günther Koseck, Inhaber der Sababurg, die in der Nähe von Hofgeismar liegt und seit über 100 Jahren als Dornröschenschloss beworben wird. Da die Brüder in Hessen gelebt haben, wurde für sie die unmittelbare Umgebung zur Inspiration ihrer Geschichten.

Den Frau-Holle-Teich findet man etwa 60 Kilometer weiter südlich auf dem Hohen Meißner. Das sagenumwobene Gewässer umgibt eine magische Stimmung. Wer möchte, kann auch die Bettenschüttlerin treffen. Die ehemalige Sozialpädagogin Silvia Schaat-Dormeier führt als Frau Holle die Besucher rund um den Teich.

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