Und jetzt Vietnam: Es macht sofort "klick"

Auf meinen Reisen habe ich immer wieder festgestellt, dass es nicht nur von vordergründiger Schönheit abhängt, ob mir ein Ort viel gibt. In meinem schmutzigen kleinen Campervan auf der Cattle Station im australischen Outback habe ich mich tausendmal mehr zu Hause gefühlt als jemals im schicken Melbourne, Suppenküchen auf den Märkten Myanmars haben mich mehr befriedigt als Teppanyaki-Restaurants in Japan.

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Foto: Juliane Kinast

Und jetzt Vietnam - es macht sofort "klick". Vielleicht liegt es daran, dass das Land es von Anfang an gut mit mir meint.

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Foto: Juliane Kinast

Die drei Franzosen, die ich am Flughafen von Hanoi treffe und die sich mit mir eines der teuren Taxis in die Stadt teilen; das kleine Hotel, direkt im Old Quarter der Stadt mit seinem mutigen Mitarbeiter, der die größte Spinne meines Lebens (und das nach australischem Outback!) aus meinem Zimmer entfernt; das kleine Restaurant an der nächsten Ecke, in dem ich das frischeste, beste Essen meines Lebens für nicht einmal vier Euro genieße; die vietnamesischen Mädchen, die zehn Meter weiter zur Stereoanlage auf der Straße tanzen; das jeden Tag frisch gebraute Bia Hoi, das lokale Bier, das gerade mal 25 Cent den halben Liter kostet. Vietnam hat mich sofort.

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Foto: Juliane Kinast

Hanoi ist eine alte Stadt, vor fünf Jahren hat sie ihren 1000. Geburtstag gefeiert. Aber darauf lässt das pralle Leben, das in ihr steckt, nicht schließen. Die Straße zu überqueren, ist ein noch größeres Abenteuer als in Bangkok. Aber die engen Gassen des Old Quarter meiden die meisten Auto- und oft sogar Motorradfahrer. Hier sitzen die Locals beim Bia Hoi auf lächerlich kleinen Plastikstühlen an der Straße, während um die Ecke auf der Barmeile P Ta Hien junge Touristen das Zehnfache für ein lokales Flaschenbier wie Hanoi, Saigon oder Larue zahlen.

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Foto: Juliane Kinast

Am Tag wird die Altstadt zum Shoppingparadies. Und man findet immer alles, was man sucht an einer Straßenecke. Vor Konkurrenz fürchtet man sich hier offensichtlich nicht. Ein Straßenabschnitt hier gehört ganz den Schuhläden mit lächerlich billigen Markenimitaten und Flipflops voller Strass, der nächste den holzgeschnitzten Buddhas, auf einem weiteren verkaufen fünf benachbarte Läden nichts als Geschenkpapier. Es ist ein lustige Ordnung im Chaos aus Mofas, Handkarren und wilden Stromkabel-Gespinsten.

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Foto: Juliane Kinast

Was der Stadt wahnsinnig guttut sind das grandiose, billige Essen, das viele Wasser - der Hoan Kiem Lake direkt am Old Quarter und die großen Seen Tay Ho und Truc Bach - und die große Geschichte. Mich zieht es in das ehemalige Hoa Lo Prison. Das berühmte Gefängnis wurde bis in die 1950er von den Franzosen betrieben - und die Sektion des heutigen Museums, die von dieser Ära berichtet, ist voll von Hinweisen, mit welch unmenschlichen Mitteln die Kolonialmacht den revolutionären Willen der kasernierten Kommunisten zu brechen versuchte. Erfolglos, versteht sich.

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Foto: Juliane Kinast

Eine riesige Guillotine etwa wird ausgestellt. In jenem Bereich hingegen, der sich der Gefangenschaft von US-Piloten im Vietnamkrieg widmet, heißt der Knast nur "Hanoi Hilton" und es sind Bilder über Bilder zu sehen von basketballspielenden Piloten, christbaumschmückenden Piloten, zigarettenquarzenden, lachenden Piloten. Und: Der Fliegeranzug, den seinerzeit der spätere US-Präsidentschaftskandidat John McCain trug, als er abgeschossen und verhaftet wurde. In Sachen Krieg gibt es eben nicht die eine Wahrheit, sondern nur Versionen.

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Foto: Juliane Kinast

Nach so viel Kultur verwöhne ich mich mit einem Abendessen in der Altstadt. Ein, zwei gemütliche Bier, denke ich mir. "Hey, du sitzt hier ganz allein. Willst du rüberkommen?", sagt eine Stimme - und in zehn Minuten werden meine Pläne zum Fenster hinausfliegen. Die Stimme gehört zu Mike, der eigentlich in Thailand lebt, aber in Vietnam mit seiner eigenen Stiftung unter dem Titel "Take Time VN" soziale Projekte unterstützt. Neben ihm sitzt Samantha aus Schottland, die durch die Welt reist wie ich und bei Mikes Projekt kleben geblieben ist, jetzt mit ihm arbeitet.

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Foto: Juliane Kinast

Außerdem zwei junge Brasilianer, die wie ich Zufallsbekanntschaften sind, und eine Freundin von Mike aus Chicago - ebenfalls ausgewandert nach Thailand und in Vietnam im Urlaub. Gesprochen wird über die Projekte, die Mike im Auge hat, über Reisen, fremde Länder. Getrunken wird erst Bier, dann eine Flasche des lokalen und wahnwitzig schlechten Rotweins. Erst als im Old Quarter die kleinen Plastikstühle gestapelt werden, trennen wir uns. Eine sehr nette Runde, spontan zusammengewürfelt in der Fremde, mit vielen gemeinsamen Themen und viel Lachen. Ja, Vietnam meint es gut mit mir.

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