NBA-Lockout: Basketball ruht, Prozesslawine rollt

Boston (dpa) - Der Tarifstreit in der NBA eskaliert: Alle Spiele bis zum 15. Dezember wurden abgesagt, eine Prozesslawine rollt, und die mehr als 430 Profis bekamen die Folgen des Lockouts jetzt auch finanziell zu spüren.

Am 15. November blieb erstmals ihr Lohn aus.

Rund 170 Millionen Dollar hätten die Teambesitzer wie an jedem 15. des Monats überweisen müssen - wegen des Arbeitskampfes blieben ihre Geldhähne zu. Liga-Boss David Stern sieht die beste Basketball-Liga der Welt bereits vor einem „nuklearen Winter“. Die Furcht vor dem Ausfall der kompletten Saison wird immer größer. Bislang wurden 304 Begegnungen gestrichen.

Einen Tag nachdem die Spielergewerkschaft NBPA das „nachgebesserte Tarifangebot“ von Liga und Teambesitzern abgelehnt und sich anschließend aufgelöst hat, gingen zahlreiche Akteure gerichtlich gegen die nordamerikanische Profiliga NBA vor. Bei einem Bundesgericht in Kalifornien wurden die Akten für ein Kartellverfahren eingereicht. Darin fordern die Spieler das „Ende des illegalen Boykotts“ und verlangen Schadensersatz für entgangene Gehälter. Die juristische Auseinandersetzung könnte Monate dauern.

Ziel der Profis ist es, die Gegenseite per Gerichtsbeschluss zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen - doch soll nicht die komplette Saison verloren gehen, drängt die Zeit. Stern hatte betont, dass man von einer Vertragsunterschrift bis zum ersten Spiel 30 Tage brauche. „Ich hoffe, es wird nicht nötig sein, bis zum Ende zu prozessieren“, sagte David Boies, der mit Jeffrey Kessler als Anwalt der Spieler fungiert. Das Duo war bereits im Frühjahr im Lockout der National Football-League (NFL) aktiv, als beide Seiten den Arbeitskampf ebenfalls vor Gericht austrugen.

Die Spielerseite strebt ein Urteil im beschleunigten Verfahren für den entstandenen finanziellen Schaden an. Laut Kartellrecht stünde den Profis im Erfolgsfall die dreifache Summe an entgangenen Gehältern zu. Dies, so Boies, sei ein „ziemlich guter Anreiz“ den Lockout zu beenden. Die Liste der Kläger wird von Carmelo Anthony und Chancey Billups (beide New York Knicks) und NBA-Topscorer Kevin Durant (Oklahoma) angeführt. In Minnesota hatten unter anderem Caron Butler (vereinslos) und Pistons-Star Ben Gordon eine ähnliche Klage eingereicht. In den kommenden Tagen werden weitere Fälle erwartet.

Während sich die Anwälte beider Seiten demnächst vor Gericht gegenüberstehen, könnten Spieler und Teameigner ihre Gespräche wieder aufnehmen. Ein Vertragsabschluss ist jedoch erst möglich, wenn die NBPA wieder rechtskräftig eingesetzt ist. Stern hatte bereits nach der Auflösung der Gewerkschaft darauf verwiesen, dass man jetzt niemanden habe, mit dem man verhandeln könne.

Der 69 Jahre alte Jurist, seit 27 Jahren NBA-Boss, hatte einen Saisonstart am 15. Dezember mit einem Vorrunden-Spielplan von 72 Partien pro Team in Aussicht gestellt, sollten die Profis einer Halbierung der Gesamteinnahmen von 4,3 Milliarden Dollar zustimmen - die Spieler lehnten ab. 65 von ihnen haben bislang Verträge in Südamerika, Australien, China und Europa unterschrieben. Die bekanntesten sind US-Olympiasieger Deron Williams (Besiktas Istanbul) und Tony Parker (Villeurbanne/Frankreich).

Weitere Akteure könnten demnächst folgen - so auch Dirk Nowitzki. „Ich kann nicht ein Jahr lang rumsitzen und nichts tun“, hatte der deutsche Superstar von Meister Dallas Mavericks stets betont. Einen Schnellschuss will er jedoch nicht machen. „Wir werden keine verrückten Sachen machen. Solange aus den USA nicht das Signal kommt, dass keine Chance mehr auf eine verkürzte Saison besteht, wird Dirk nirgendwo anders unterschreiben“, sagte Nowitzkis Berater Holger Geschwindner der Nachrichtenagentur dpa. „Man muss jetzt einfach abwarten, wie sich die Dinge in den USA entwickeln. Sollte es tatsächlich keine NBA-Saison geben, sind wir aber vorbereitet.“

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