Schrempf: Nach Nowitzki hätte es Schub geben müssen

Berlin (dpa) - Selbst beim seltenen Besuch in Deutschland zieht es Detlef Schrempf in den Coffee-Shop eines US-Großkonzerns aus seiner Wahlheimat Seattle.

„Vielleicht nicht so gut wie deutscher Kaffee, aber das ist, woran ich gewöhnt bin“, scherzt der frühere Basketball-Star mit einem großen Becher in der Hand. Während Dirk Nowitzki auf dem NBA-Trip durch Europa von Termin zu Termin hetzt, ging es für Schrempf in Berlin ein wenig ruhiger zu. Doch auch den 49-Jährigen nutzt die amerikanische Profiliga noch als Werbeträger. In der Halbzeit des Duells zwischen Nowitzkis Dallas Mavericks und ALBA erhoben sich mehr als 14 000 Zuschauer für den dreimaligen Allstar, der 2001 seine Profikarriere beendete und seitdem weiter an der Pazifikküste lebt.

Fünf Jahre zuvor war die NBA mit Schrempfs Seattle SuperSonics und den Indiana Pacers erstmals zum Gastspiel in der Hauptstadt - ohne aber aus seiner Sicht einen nachhaltigen Boom bis in die Gegenwart zu hinterlassen. „Nach Nowitzkis letzten zehn Jahren hätte es einen Schub geben müssen“, meinte der 71-malige Nationalspieler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, „man hat heute ein bisschen mehr Einsicht in die NBA, kann mehr Spiele verfolgen. Für den deutschen Basketball weiß ich aber nicht, ob es sich positiv ausgewirkt hat.“

Den kritischen Blick in die alte Heimat hat der Geschäftsmann, der seit fünf Jahren bei einer Vermögensverwaltung arbeitet, nicht verloren. „Ich finde es schade, weil es die letzten Jahre ziemlich gute Talente im deutschen Basketball gab und sie nie eine Chance hatten, am Ende des Spiels den Ball zu haben.“

Auch Nowitzki sah sich vor dem Flug nach Spanien, wo am Dienstag die Partie beim FC Barcelona auf dem Programm steht, immer wieder mit der Frage nach den fehlenden Nachfolgern in der besten Liga der Welt konfrontiert. „Die Talente gibt es, sie müssen nur gefördert und ausgebildet werden“, meinte der 34-Jährige und zählte mögliche Ursachen für die deutsche NBA-Dürre auf: „Sind es die Talente, die sich zu früh zu gut fühlen? Ist es die Ausbildung, sind es die Trainer? Ist es der DBB, der etwas falsch macht? Ist es die Bundesliga, die die Jugend nicht spielen lässt? Im Endeffekt kann sich jeder rausreden.“

Vor zwei Jahren hatte der frühere Bundestrainer Dirk Bauermann versucht, Schrempf mit seiner Expertise für ein Engagement als Individualtrainer des Nationalteams zu gewinnen. „Aber ich glaube, es hilft nicht, für eine Woche rüber zu kommen und ein Trainingslager mitzumachen“, berichtet der Umworbene.

In den USA tauscht sich Schrempf vereinzelt mit deutschen Talenten wie Niels Giffey vom Vorjahres-Collegemeister Connecticut Huskies aus. Ähnlich wie bei der Wahl des Kaffees wird es aber auch beim Wohnort den kompletten Schritt zurück für ihn nicht mehr geben: „Hierhin zu ziehen, das geht nicht mehr. Dann müsste ich hier einen Job nehmen und hier voll arbeiten - ich glaube, das macht meine Frau nicht mit.“

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