Bibiana Steinhaus: „Ich tue alles, um ein Spiel gut zu leiten“

Bibiana Steinhaus macht Karriere als Schiedsrichterin. Jetzt pfeift sie bei der U20-WM der Frauen.

Essen. Die Luft in Essen-Kettwig ist dünn. So dünn wie in 3000Meter Höhe. In einem Glaskasten werden die Verhältnisse simuliert - für Bibiana Steinhaus. In dieser Umgebung bereitet sich die 29-Jährige auf ihren Einsatz bei der U20-Weltmeisterschaft der Frauen (19. November bis 7.Dezember) in Chile vor. Die 29-jährige ist die einzige deutsche Profi-Fußballschiedsrichterin und hat viele Stunden im Zentrum für Höhe, Prävention und Training verbracht.

Trotz der dünnen Luft läuft Steinhaus unbeirrt Schritt um Schritt auf dem Laufband. "Das ist irre, wie schwer einem dabei die Beine werden", sagt sie. Die Nominierung als Schiedsrichterin bei der WM bezeichnet sie als "große Ehre, wie oft hat man schon die Möglichkeit, zu einer Weltmeisterschaft zu fahren?" Um dieser Ehre gerecht zu werden, arbeitet sie akribisch, "denn ich will sagen können, dass ich zu 110 Prozent vorbereitet bin, dass ich alles Mögliche getan habe, um eine gute Leistung zu bringen." Sie nennt die Nominierung einen großen Vertrauensbeweis, versteht die Aufgabe so, dass die Spieler ihr als Spielleiterin anvertraut werden.

Dementsprechend richtet sich ihr Ehrgeiz nicht in erster Linie darauf, große oder besondere Spiele zu leiten. Vielmehr möchte sie die Begegnungen, die sie pfeift, gut lenken und leiten, "positiv beeinflussen". Es ist eher ein persönlicher Ehrgeiz, der sie treibt, "immer die bestmögliche eigene Leistung abzurufen." Deshalb ist für sie ein Spiel auch nicht nach 90 Minuten abgehakt. In den Tagen danach schaut sie sich die Aufzeichnung öfter an, analysiert ihre Entscheidungen, Körpersprache und ihre Position auf dem Platz.

Aber auch die Vorbereitung hat es in sich. "Die Konzentration auf ein Spiel beginnt schon mit der Ansetzung." Die erfolgt in der Regel drei Tage vorher. "Sichtbar werden wir Schiedsrichter zwar erst kurz vor Spielbeginn auf dem Feld, tatsächlich bereiten wir uns aber schon viel länger vor." Diesen Zeitaufwand mit ihrer Arbeit als Polizistin in Einklang zu bringen, funktioniert nur, weil Bibiana Steinhaus von ihrem Arbeitgeber und den Kollegen unterstützt wird. Dienste am Wochenende hat sie meist nicht, dafür übernimmt sie unbeliebte Schichten an Weihnachten oder Silvester.

Ihren ersten Einsatz als Schiedsrichterin hatte die Hannoveranerin, die selbst Fußball spielte, mit 16 Jahren. Freunde hatten sie "bequatscht und bedrängt", sich doch einmal als Spielleiterin zu versuchen. "Und dann war ich ganz schnell mittendrin", erinnert sie sich. Schon 1999, vier Jahre später, pfiff sie in der Frauen-Bundesliga, 2003 leitete sie das DFB-Pokalfinale der Frauen. 2005 wurde sie Fifa-Schiedsrichterin, für internationale Begegnungen nominiert. 2007 pfiff sie als erste Frau ein Spiel in der 2.Bundesliga der Herren.

Probleme, akzeptiert zu werden, hatte sie dabei nicht. "Klar ist das erstmal ein Überraschungsmoment für die Spieler, wenn da eine Frau steht. Aber die gucken dann weniger auf das Geschlecht als vielmehr darauf, ob sie sich beschützt fühlen. Wer da in die Pfeife trötet, ist denen letztendlich egal", erzählt die 29-Jährige, während sie weiter auf dem Laufband schwitzt. Sie ist topfit und das muss sie auch. Denn wie sie selber klarstellt: "Schiedsrichter betreiben auch Leistungssport." Vor allem, wenn sie ihren Job so ernst nehmen, wie Bibiana Steinhaus.

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