Bolls goldener Herbst - Top-Star will in China spielen

Herning (dpa) - Timo Boll befindet sich im Herbst seiner Tischtennis-Karriere. Der zum sechsten Mal als Einzel-Europameister gekürte Top-Star kokettiert gerne mit seinem Alter.

„Im Halbfinale waren alle Spieler um die 30 oder älter. Wir alten Säcke haben es den Jungen wieder einmal gezeigt“, sagte der 31 Jahre alte Champion. Sein Lieblingsturnier findet seit einigen Jahren im September oder Oktober statt. „Die EM im Herbst, das ist eine gute Zeit für mich. Ich brauche viele Spiele vor solchen Großereignissen“, erläuterte Boll seine einzigartige und verblüffende Dominanz.

Ein Selbstläufer sind die EM-Titel am Fließband - 16 sind es insgesamt - für den gebürtigen Hessen aber nicht. „Es sieht einfacher aus, als es ist. 90 Prozent zu geben ist nicht genug“, betonte der Rekord-Europameister. Seine Motivation für die Zukunft ist weiterhin groß, ebenso die Genugtuung über seinen sechsten EM-Streich. „Ich wollte zeigen, dass ich mehr Möglichkeiten habe, als man bei Olympia in London sehen konnte. Da bin ich stolz, dass mir das gelungen ist“, berichtete Boll.

Aufmerksam hatte er registriert, dass nach dem frühen Olympia-Aus einige Experten auch bei dem EM-Turnier in Dänemark eine Wachablösung durch den 24 Jahre alten Olympia-Dritten Dimitrij Ovtcharov erwartet hatten. Doch der Kronprinz muss noch warten, der König denkt nicht ans Aufhören. „Timo kann sich auf den Punkt konzentrieren wie kaum ein anderer. Seine spielerischen Fähigkeiten sind herausragend, er hat wenig Löcher und kann ein Spiel sehr gut lesen“, erklärte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig die Stärken des WM-Dritten.

Auch für 2013 hat sich Boll einiges vorgenommen. „Ich plane im Sommer erneut einen Start in Chinas Superliga“, kündigte die Nummer eins von Borussia Düsseldorf an. Das hatte er schon mehrmals getan, mit sportlich wechselhaften Erfolg. Der Profi will seine große Popularität im Reich der Mitte nutzen, sein Marktwert ist dort höher als in Deutschland. Deshalb fliegt er auch an diesem Dienstag mal kurz für einen Golf-Showkampf mit Martin Kaymer nach Shanghai hin und wieder zurück - „ohne Hotel-Übernachtung“, wie Boll anmerkte.

Auf Dauer wird sein Körper diesen Stress nicht mitmachen. Das wissen Bundestrainer Jörg Roßkopf, Schimmelpfennig und auch Boll. „Ich will meinen Terminkalender ökonomisieren“, sagte der Europameister nicht zum ersten Mal. Sportlich ist die Einzel-WM im Mai 2013 in Paris als Beginn des neuen Olympia-Zyklus die größte Herausforderung für den Ausnahmesportler.

Seit mehr als zehn Jahren gehört Boll ununterbrochen zu den Top-Ten-Spielern der Welt. In dieser Zeit hatte er relativ wenig große Aussetzer. Neben dem Einzel-Turnier in London zählt dazu nur noch die WM 2002 in Paris. Damals war er als Nummer eins der Setzliste in der zweiten Runde rausgeflogen. Deshalb will Boll 2013 auch im Frühjahr in starker Form sein.

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