Box-Frauen fordern Neustart: Kentikian als Vorhut

Hamburg (dpa) - Das Profi-Boxen der Frauen in Deutschland hängt nach einem schweren Wirkungstreffer in den Seilen. Weil Branchen-Primus Universum Box-Promotion in ein schwarzes Loch gefallen ist, verkommt der professionelle Faustkampf der Damen zur Fußnote.

Denn Frauen-Boxen war Universum, Universum war ZDF. Was mit Box-Queen Regina Halmich begann und in Einschaltquoten von mehr als sieben Millionen Zuschauern gipfelte, ist nach dem Ende des Millionen Euro schweren Vertrages mit dem Fernsehpartner im Sommer 2010 ein Ladenhüter.

An diesem Samstag bringt sich Dreifach-Weltmeisterin Susi Kentikian wieder in Erinnerung. In familiärer Atmosphäre in der Hamburger Trainingshalle an der Walddörferstraße verteidigt sie ihre Titel von WIBF, WBA und WBO im Fliegengewicht. Gegnerin ist die Mexikanerin Ana Arrazola. „Ich bin heiß zu boxen“, sagt die 23-Jährige und ist schier aus dem Häuschen über den Neustart.

Was das Energiebündel im Ring aufführt, ist nur im Internet oder von 500 Zuschauern in der Halle zu sehen. Fernsehen? Fehlanzeige. Acht Monate hat Kentikian nicht gekämpft, weil Universum keine Gegnerin besorgen konnte oder wollte. Grund: Klingende Münze stand nicht in Aussicht. „Frauen-Boxen wie zu Halmichs Zeiten wird es nicht mehr geben“, sagt Jean-Marcel Nartz, Präsidiums-Mitglied des europäischen Box-Verbandes. Börsen wie einst mit dem ZDF als Geldgeber im Rücken sind heute Illusion. Nunmehr geht es vergleichsweise um Kleingeld.

Deshalb hat Klaus-Peter Kohls Universum die Armenierin Kentikian, die seit 2008 Deutsche ist, ziehen lassen. Jetzt boxt die unbesiegte Championesse für den Magdeburger Stall von Promoter Ulf Steinforth. Am Samstag ist Premiere. „Das Beste, was sie machen konnte, wenn sie nicht Hartz IV beantragen will“, meint Nartz.

Andere, wie Ex-Weltmeisterin Ina Menzer, gehen jedoch am Stock. „Es ist eine ganz schwere Situation für Ina. Entweder sie bekommt Aufbaukämpfe für einen WM-Kampf, oder man lässt sie gehen“, sagt ihre Beraterin Frauke Constantin, die beklagt, dass Menzer von Universum nur hingehalten werde.

Mit Kentikian probt Steinforth die Rolle rückwärts. Der Magdeburger Geschäftsmann verfügt über vier Box-Ladys, allesamt Weltmeisterinnen: Kentikian, Ramona Kühne aus Dortmund, die Berlinerin Christina Hammer und die Russin Natascha Ragosina. „Susi ist der Brillant in der Krone“, meint Steinforth stolz. „Alle vier sind nicht nur boxerisch stark, sie sind auch hübsch. Frauenboxen fasziniert die Massen.“

Steinforths SES-Stall kooperiert neuerdings mit Sat.1. Das betrifft den WM-Kampf des Magdeburgers Robert Stieglitz gegen Dimitri Sartison aus Hamburg am 9. April, nicht aber Kentikian. Für die Damen, bislang in Sport1 zu sehen, ist Kabel 1 aus der Sendergruppe ProSieben/Sat.1 im Gespräch. „Wir setzen voll auf die Karte Frauen-Boxen. Da sind teilweise höhere Quoten als bei den Männern drin“, betont Steinforth.

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