DFB-Pokal 1989: Zwei Helden von Berlin

Am Samstag will Borussia Dortmund gegen Bayern neue Pokalsieger feiern. Die von 1989 sind Günter Breitzke und Norbert Dickel.

Münster. Das ist Fußball: Manchmal genügt ein einziges Spiel, um Legende zu werden. Norbert Dickel kam sogar mit 77 Minuten aus. So lange stand er im Pokalendspiel 1989 auf dem Platz. Als er von der Wiese humpelte, war das Spiel entschieden. Borussia Dortmund gewann 4:1 gegen Bremen, Dickel trug mit zwei Toren maßgeblich dazu bei.

Dabei war mit der Aufstellung des Stürmers gar nicht gerechnet worden. Im Halbfinale gegen Stuttgart hatte sich Dickel einen Meniskusabriss zugezogen, eine einzige Trainingseinheit absolvierte er vor dem Finale. Für die BVB-Fans ist Dickel seither ein Held. Sie verehren ihn, weil er am 24. Juni 1989 die Knochen hinhielt für den Verein ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit. In der Saison nach dem Pokalcoup musste er seine Karriere wegen chronischer Kniebeschwerden beenden. Dickel sieht das weniger dramatisch. „Ach“, hat er stets gesagt, „das Knie war doch eh im Eimer. Außerdem hat das Finale mein Leben verändert — zu meinem Glück.“ Dickel war 27, als er den Pott gewann.

Günter Breitzke, einer seiner Mitspieler, erst 21. Ein dürrer Jungspund ohne Angst vor Namen. Der Ball war sein Freund. Wenn er ihn hatte, wollte er ihn nicht hergeben, ein Straßenfußballer. Ein Dribbler vor dem Herrn, wie sie im Ruhrgebiet sagen.

Auch das ist Fußball: Manchmal reichen zwei, drei gute Jahre aus, um den Boden unter den Füßen zu verlieren. Breitzke genoss den Ruhm, protzte mit dicken Autos, leistete sich teure Klamotten und hörte mehr auf falsche als auf echte Freunde. „Günter war ein toller Fußballer und ein richtig netter Kerl. Aber ein bisschen naiv“, sagt Frank Mill, auch ein Dortmunder „Held von Berlin“.

1992 verließ Breitzke den BVB und wechselte in die Zweite Liga zu Fortuna Düsseldorf. Der „größte Fehler meines Lebens“ sei das gewesen. Sportlich ging es mit Breitzke, der am Ball ein Meister war, eine Ausbildung zum Maler aber nicht zu Ende brachte, bergab. Und irgendwann war auch das Geld weg, der 44-Jährige fiel tief, bekam keine Arbeit nach der Fußball-Karriere, zog zurück in die kleine Wohnung seiner Eltern in Köln, meldete sich arbeitslos und bezog „Stütze“.

Norbert Dickel hat Borussia Dortmund nie verlassen. Der Tausendsassa mit Kultstatus ist beim Deutschen Meister im Event-Management tätig, poltert bei BVB-Spielen im Internet-Radio und ist seit über 20 Jahren Stadionsprecher. Gelegentlich kreuzen sich die Wege der Pokalhelden noch, etwa bei Spielen der Traditionself. Beim Endspiel 2008 zwischen Dortmund und Bayern saßen sie in Berlin sogar alle in einer Reihe — auf Einladung des Klubs.

Norbert Dickel ist auch Samstag wieder dabei. Günter Breitzke nicht. Diesmal hat er keine Post bekommen. Aber wenigstens hat er wieder Arbeit. „Ich putze, Gebäudereinigung“, sagte er am Donnerstag. Über das, was vor 23 Jahren war, und sein Leben danach möchte er nicht mehr reden.

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