Die Schattenseiten des US-Profisports

Boston (dpa) - Die Liste der Gescheiterten ist lang und namhaft. Ex-Schwergewichtsboxer Mike Tyson verlor 400 Millionen Dollar, Basketball-Star Allen Iverson mehr als 200 Millionen und der einstige NBA-Punk Dennis Rodman ist bankrott.

In der Dokumentation „Broke“ hat der Fernsehsender ESPN aufgezeigt, wie aus dem Traum von Sportstars leicht ein Trauma werden kann - heute Prunk, morgen pleite.

Football- und Basketball-Profis sind demnach besonders gefährdet. 78 Prozent der NFL-Spieler sind innerhalb von zwei Jahren nach Karriere-Ende in finanziellen Schwierigkeiten oder gar pleite. In der NBA beläuft sich die Zahl auf 60 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Für Detlef Schrempf, 17 Jahre in der besten Basketball-Liga der Welt aktiv, kommen die Statistiken nicht überraschend.

„Sie haben alle eine Familie und Entourage. Ich war mit Spielern zusammen, die fünf ihrer Freunde im selben Hotel hatten, die alle erste Klasse geflogen sind“, sagte Schrempf der Nachrichtenagentur dpa. „Das kann man sich gar nicht vorstellen.“ Neben Naivität, falschen Freunden und Beratern sowie teilweise aberwitzigen Investments gehört auch Spielsucht zu den Hauptursachen für den ökonomischen Abstieg.

„Gambling“ war für Schrempf der Grund, warum er 2001 seine Karriere beendet und in Portland nicht verlängert hat. „Da wurde um einiges gespielt. Von der Einstellung zum Basketball und zum Profisport war es nicht das, was ich mir vorgestellt habe und wo ich weitermachen wollte.“ Von Michael Jordan ist bekannt, dass er mitunter am Abend vor Playoff-Partien noch in der Spielhalle zockte. Charles Barkley gab an „mindestens 10 Millionen Dollar verspielt“ zu haben.

Eine weitere klassische Falle ist die Inkompetenz, mit Ruhm und Reichtum klarzukommen. NFL-Neuling Dez Bryant, dessen erster Vertrag ihm 8,6 Millionen Dollar garantierte, zahlte 2010 für ein Team-Essen seiner Dallas Cowboys in einem Steakhaus fast 55 000 Dollar. „Viele Kids kommen aus armen Verhältnissen, sind einfach nicht gebildet genug, um mit so viel Geld umzugehen“, sagt Bart Scott von den New Jersey Jets.

Mike Tyson kaufte Freunden innerhalb einer Stunde Schmuck für 500 000 Dollar und hielt sich vier Bengalische Tiger. Evander Holyfield entschloss sich nach dem Gewinn des Schwergewichts-Titels ein Haus mit 109 Zimmern und 5300 Quadratmetern Wohnfläche zu bauen und bestand darauf, dass es zwei Bowlingbahnen hat. Finanzberater Ed Butowsky empfiehlt Athleten, 50 bis 65 Prozent ihrer Einnahmen sicher anzulegen: „Doch die meisten geben diese Summe lieber aus.“

Denn das Ego von Sportlern bezieht sich nicht nur auf den Wettkampf, sondern sorgt auch für Konkurrenzkampf in der Kabine oder auf dem Team-Parkplatz. „Für viele waren ihre Diamanten-Kettchen der einzige Weg, zu zeigen, dass sie erfolgreich sind“, sagt Ex-NBA-Profi Jamal Mashburn. „Du siehst jemanden mit einer neuen Kette und denkst, okay, ich kaufe mir einen neuen Porsche - mal sehen, was sie dazu sagen“, erinnert sich der frühere Wide Receiver Andre Rison. Er musste 2007 private Insolvenz anmelden, da er keine Alimente für seinen Sohn mehr zahlen konnte.

Wie ihm ergeht es vielen, vor allem NFL-Profis. „Sie geben am meisten aus“, sagt Robin Lyon, die 2008 den Blog „balleralert.com“ gründete. Dort können Frauen ihre Handynummern hinterlassen und werden per SMS informiert, sobald ein Profi in einer Bar oder Disco auftaucht.

So lotste Lyon einst 7000 Damen auf einmal in einen Club. „Es gibt Frauen, die wollen von einem Profi geschwängert werden oder ihn heiraten, nur aufgrund seines finanziellen Status'“, sagt Scheidungsanwältin Vikki Ziegler. Der ehemalige Runningback Travis Henry trat nur einmal vor den Traualtar, hat aber mit zehn Frauen elf Kinder. Seine monatlichen Alimente belaufen sich auf 17 000 Dollar. Doch Henry hat seit 2007 keinen Verein mehr, ist zahlungsunfähig.

2009 musste Bernie Kosar in die Insolvenz. Der langjährige NFL-Quarterback sieht dies heute als Segen an. Als Kosar noch Millionen machte hat er Rechnungen für 50 Familien bezahlt, denn er habe sich einfach verantwortlich gefühlt, zu helfen. Doch seitdem Kosar pleite ist, hat sich sein Freundeskreis rapide verkleinert. „Wenn Leute merken, dass du kein Geld mehr hast, hören sie auf, dich anzurufen - sogar die Familie.“

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