Doping-Aufklärer und Provokateur: Werner Franke wird 75

Düsseldorf (dpa) - Der Anti-Doping-Kämpfer Werner Franke ist ein schonungsloser Aufklärer und ein polarisierender Provokateur gelieben. Seit Jahrzehnten gehasst von den Dopern, gefürchtet von Funktionären und respektiert von den Mitstreitern für einen sauberen Sport, die sein profundes Wissen schätzen.

Doping-Aufklärer und Provokateur: Werner Franke wird 75
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„Leiser bin ich nicht geworden. Es hat keinen Zweck, man muss proletarisch direkt reden, um gehört zu werden“, sagt der Heidelberger Zellbiologe, der am Sonntag seinen 75. Geburtstag feiert, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Ich erschrecke die Menschen mit meinem Vokabular.“

Vor seinen verbalen Attacken ist nichts und niemand sicher. So ist das geplante Anti-Doping-Gesetz in Deutschland für ihn „das Schlimmste, was man entwerfen konnte“. O-Ton Franke: „Damit müsste man in einer Vorprüfung für Jura durchfliegen.“ Seine Kritik am Gesetz zielt darauf, dass es nur wenige Berufsathleten erfasst. „Das Doping der schlimmsten Art, die Vermännlichung von Mädchen und Frauen, bleibt außen vor. Ich halte das für hinterhältig“, schimpft er. Auch von der Nationalen Anti-Doping-Agentur hält er nicht viel: Die NADA ist für ihn ein „zahnloser Tiger“. Sie könne nichts richtig machen, weil sie „fachlich nicht qualifiziert“ sei.

„Ich blicke mehr durch, das ist nicht unbedingt weiser“, resümiert Franke nach seinem Jahrzehnte langen Kampf gegen Doping, den er zusammen mit seiner Frau Brigitte Berendonk begonnen hatte. Für ihr 1991 veröffentlichte Buch „Doping-Dokumente. Von der Forschung zum Betrug“, in dem das systematische Doping in der DDR aufgedeckt wurde, beschaffte er Unterlagen aus Archiven und wertete sie aus. Vier Jahre später fühlte sich Berendonk der Aufgabe nicht mehr gewachsen und bat ihren Mann, weiterzumachen. „Du bist ein Ostwestfale. Und die haben schon 9 nach Christus die Römer nicht durchgelassen. Mit diesem Argument hat sie mir den Doping-Kampf überlassen“, berichtet Franke.

Seitdem ist der westfälische Dickschädel keinem Streit aus dem Weg gegangen, und nicht selten als Sieger hervorgegangen - vor den Gerichtssälen und außerhalb der Gerichtssäle. So erwirkte der frühere Radprofi Jan Ullrich eine einstweilige Verfügung gegen Franke und verlor nach mehr als vierjährigem Prozess. Franke hatte behauptet, Ullrich habe beim spanischen Arzt Eufemiano Fuentes verbotene Mittel gekauft.

„Meine Gegner in diesem weltanschaulichen Streit sind nicht die Sportler“, sagte Franke, „sondern die Ärzte, die verantwortlichen politischen Stellen und Teile der Journalistik, die darüber hinweg gehen.“ Es gebe noch viel anzuprangen, anzugreifen und aufzudecken, wie zuletzt der ARD-Bericht zum angeblichen systematischen Doping in Russland zeigte. „Russland ist nur ein Land. Besonders eklatant ist es in Weißrussland, ein noch schlimmeres Land ist aber Kasachstan“, sagt Franke und prangert ebenso die Türkei „als total verdreckt“ an.

Allerdings sieht er auch Erfolge im Kampf gegen Doping und damit um mehr Gerechtigkeit. „Einige Dinge sind erreicht worden. Allein, dass es Kontrollen gibt, auch wenn sie nicht intelligent sind“, so Franke. „Die Hochdoping-Daten sind erkennbar und beweisbar nicht mehr da.“

Ein klassisches Beispiel ist für ihn das Kugelstoßen der Frauen. 1987 stellte die Russin Natalija Lissowskaja den bis heutigen gültigen Weltrekord von 22,63 Meter auf. „Heute übertreffen gerade mal ein, zwei Frauen pro Jahr die 20 Meter“, stellt Franke fest. Für einen „brutalen Witz“ hält er auch den von der einstigen DDR-Läuferin Marita Koch 1987 gerannten 400-Meter-Weltrekord von 47,60 Sekunden. „Aktuell passiert es, dass ein paar Läuferinnen unter 50 Sekunden bleiben“, erklärte er. „Damit wären sie 30 bis 35 Meter hinter Marita Koch hergerannt. Es ist grotesk.“

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