Dressurreiter im Schockzustand

Nach dem Dopingfall Isabell Werth geht nichts mehr.

Aachen. Es war eine Szene mit Symbolcharakter. Ulla Salzgeber trabte mit ihrem Wallach Herzruf’s Erbe vor dem Grand Prix Special gerade ins Dressurstadion, da lahmte ihr Pferd. 5000 Zuschauer in der Aachener Soers hielten den Atem an. Aber Ulla Salzgeber wusste gleich, was Sache ist. Sie führte ihren Wallach aus dem Stadion. Fassungslos, mit Tränen in den Augen: "Ich bin wirklich am Boden zerstört."

Zerrung am Fesselkopf des rechten Hinterbeines, lautete die niederschmetternde Diagnose nach der Ultraschalluntersuchung. Ulla Salzgeber verließ umgehend den CHIO in Aachen, auf einen Start mit ihrem Ersatzpferd verzichtete sie. Wie lange Herzruf’s Erbe ausfällt, ist noch nicht absehbar, sein Einsatz bei der Europameisterschaft in Windsor Ende August scheint aber unwahrscheinlich.

Ein weiterer Schock für die ohnehin von Schreckensmeldungen verfolgte erfolgsverwöhnte deutsche Dressurszene, den Titel in Windsor hat der Bundestrainer bereits abgeschrieben. "Wir haben Einschläge, die nicht normal sind", sagte Holger Schmezer gestern: "Wir müssen sehen, dass wir die Silbermedaille im Blick behalten." Auch Schmezer war fassungslos, die deutschen Dressurreiter erlebten beim CHIO in Aachen ihr Waterloo. Noch nie waren die Resultate derart katastrophal. "Es ist nicht zu glauben", sagte Verbandschef Breido Graf zu Rantzau: "Es ist einfach furchtbar." Nach dem Ausfall von Isabell Werth wegen ihres Dopingfalls traf dieser Schock das Dressurteam zum schlechtesten Zeitpunkt. Die Verletzung von Herzruf’s Erbe konnte niemand erklären. "Es gab keine Anzeichen, dass irgendetwas nicht stimmt", sagte Ulla Salzgeber.

Lange Zeit stand das deutsche Dressurteam für das sicherste Gold der Welt. Doch diese Dominanz ist dahin. Auch im Nationenpreis unterlag die deutsche Mannschaft dem überragenden Erzrivalen Niederlande, es war erst das zweite Mal seit Einführung des Ländervergleichs vor 32Jahren, dass die deutsche Mannschaft in Aachen nicht gewann. Ohne ihre Vorreiterin Isabell Werth, die gestern in Aachen ihre Schwangerschaft bestätigte, sind sie chancenlos. Die Kür gewann der Amerikaner Steffen Peters mit Ravel mit 85,600 Punkten vor der Niederländerin Anky van Grunsven mit Salinero (84,500). Das beste deutsche Ergebnis lieferte Heike Kemmer mit Bonaparte (77,900) als Fünfte.

Für den einzigen deutschen Mannschaftserfolg sorgten die Vielseitigkeitsreiter. Trotz eines Patzers von Bettina Hoy schafften sie den Hattrick vor Großbritannien und Neuseeland. In der Einzelwertung gab es einen Dreifach-Erfolg: Andreas Dibowski (Egestorf) siegte mit Serve Well vor Ingrid Klimke (Münster) mit Abraxxas und Dirk Schrade (Sprockhövel) mit King Artus.

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