Auf einmal Eishockey-Promi - Rieder erlebt den NHL-Luxus

Glendale (dpa) - Eishockey-Nationalspieler Tobias Rieder ist in der stärksten Liga der Welt angekommen. Seit Anfang November macht der 21-jährige Landshuter bei den Arizona Coyotes in der NHL auf sich aufmerksam.

Auf einmal Eishockey-Promi - Rieder erlebt den NHL-Luxus
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Der Deutschen Presse-Agentur erzählte der Stürmer von seinen sportlichen Zielen, vom Luxus der Liga, seinem WG-Leben und von seinem Verhältnis zum deutschen Ausnahmetalent Leon Draisaitl.

Haben Sie schon realisiert, was eigentlich in den vergangenen Wochen passiert ist?

Tobias Rieder: Vielleicht schon ein bisschen, aber noch nicht ganz. Das ist ein Traum, der in Erfüllung geht. Ein Tor zu schießen im ersten Spiel und dann der Rookie-Rekord (zwei Tore in Unterzahl binnen 58 Sekunden/Red.). Das ist etwas, was wahrscheinlich nicht wieder passieren wird. So ganz realisiert habe ich es noch nicht.

Die NHL wird oft als eine eigene Welt beschrieben. Wie sieht der Luxus der Liga aus?

Rieder: Leute, denen man erzählt, dass man in der NHL spielt, reden mit dir ganz anders und behandeln dich fast wie einen Prominenten. Der Luxus der Liga ist, dass man alles bekommt, was man will. Falls man Probleme hat, wird sofort geholfen und es wird sofort erledigt. Falls du einen neuen Schläger ausprobieren willst, liegt er zwei Minuten später auf deinem Platz. Wenn man Probleme hat, eine Wohnung zu finden, dann gibt es bestimmte Personen, die regeln das sofort. Wir haben unser Privatflugzeug, alle Sitze sind erste Klasse.

Sie haben vor Kurzem den Auftrag bekommen, sich eine Wohnung zu suchen. Was bedeutet das?

Rieder: Natürlich können sie mich immer noch runterschicken (in die AHL/Red.). Aber wenn sie sich nicht sicher gewesen wären, hätten sie mir nicht gesagt, dass ich mir eine Wohnung suchen soll. Viele Spieler sagen, es ist ein Zeichen, dass sie diese Saison mit dir planen und dass du alles richtig machst.

Sie wohnen nun mit Ihrem Teamkollegen Connor Murphy in einer WG. Wie sieht das WG-Leben aus?

Rieder: Meistens kochen beide. Er kocht, was er isst: Ich koche, was ich esse. Ab und an gehen wir essen. Mit dem Sauberhalten haben wir eigentlich kein Problem. Wir versuchen immer alles gleich wegzuräumen, damit wir nicht ewig lang putzen müssen.

Vor Saisonbeginn wurde vor allem vom Ausnahmetalent Leon Draisaitl gesprochen. Wie fühlen Sie sich in seinem Schatten, obwohl Sie gerade die bessere Leistung zeigen?

Rieder: Im Schatten - ich habe das eigentlich nicht so gesehen. Ich freue mich für ihn, dass er es so früh in die NHL geschafft hat. Er ist ein Super-Spieler und gehört da hin. Ich habe immer nur auf meine Leistung geschaut und versucht, mir meinen Traum zu verwirklichen.

Sehen Sie es so, dass Sie ihm gerade sportlich den Rang ablaufen?

Rieder: Nein, das würde ich nicht so sagen. Es sind verschiedene Situationen. Das Wichtigste ist, dass wir beide hier sind, und so lange wir hier sind, gibt es eigentlich keinen Konkurrenzkampf.

Tauschen Sie sich untereinander aus?

Rieder: Ab und zu schreiben wir uns schon. Aber da hat jeder seinen eigenen Stress, weil wir ja viel unterwegs sind. Einen Tipp hat er mir nicht gegeben.

Wie sehen Ihre Ziele in der NHL aus?

Rieder: Am Anfang möchte ich natürlich erst einmal Stammspieler werden und in der Aufstellung nicht mehr verzichtbar und dann hoffentlich jahrelanger NHL-Spieler. Unglaublich wäre es, den Stanley- Cup zu gewinnen, das wäre das nächste Ziel.

Wer ist Ihr sportliches Vorbild?

Rieder: Das ist schon von klein auf Marco Sturm, das ist auch ein guter Freund meiner Familie. Es sind ja nicht so viele Spieler aus Deutschland, die es in die NHL schaffen.

Woran müssen Sie noch arbeiten?

Rieder: Wichtig ist, dass ich körperlich noch stärker werde. Und dass man die Scheibe noch besser abschirmt an der Bande und in der Ecke und sich vor dem Tor noch besser durchsetzen kann.

Was haben Sie sich von Ihrem höheren Gehalt schon gegönnt?

Rieder: Ich verdiene mehr als zehnmal so viel ungefähr. Ich habe mir eigentlich noch nichts gegönnt. Ich überlege, ob ich mir ein Auto kaufe, aber da bin ich mir auch noch nicht so sicher. Ich bin eher der sparsame Typ.

Wie sehr fiebern eigentlich Ihre Eltern in Landshut mit?

Rieder: Die sind bei jedem Spiel um drei Uhr in der Früh live dabei am Fernseher oder am Laptop und sind natürlich sehr stolz. Die freuen sich wahrscheinlich mehr als ich mich freue.

Dann kriegen sie ja gerade nicht viel Schlaf.

Rieder: Ja, das stimmt. Die haben auch einen Jetlag, obwohl sie gar nicht im Flieger waren. Die wissen wahrscheinlich auch nicht, wann die Sonne aufgeht und wann sie untergeht.

Wären Sie bei der nächsten Weltmeisterschaft wieder dabei, falls Sie mit Arizona nicht in den Playoffs gebunden sind?

Rieder: Ja, normalerweise schon, das hoffe ich mal. Wenn ich die Einladung bekomme, bin ich natürlich dabei. Es war eine super Herausforderung und eine super Lehrzeit bei der letzten WM, es hat Spaß gemacht. Ich hätte nichts dagegen.

Zur Person: Der 21 Jahre alte Tobias Rieder begann seine Karriere beim EV Landshut. 2011 wurde er von den Edmonton Oilers bei der Talente-Draft ausgewählt, den Sprung in die NHL schaffte der Landshuter aber erst Anfang November bei den Arizona Coyotes. Im Mai bestritt der flinke Stürmer seine erste Weltmeisterschaft. Das deutsche Team schnitt als 14. so schlecht ab wie seit 2009 nicht mehr; Rieder zählte aber zu den positiven Erscheinungen.

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